Deutsche Tageszeitung - Nawalny-Unterstützer rufen zu Demonstrationen zur Rettung "seines Lebens" auf

Nawalny-Unterstützer rufen zu Demonstrationen zur Rettung "seines Lebens" auf


Nawalny-Unterstützer rufen zu Demonstrationen zur Rettung "seines Lebens" auf
Nawalny-Unterstützer rufen zu Demonstrationen zur Rettung "seines Lebens" auf / Foto: ©

Angesichts des sich verschlechternden Gesundheitszustands des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny haben seine Unterstützer für Mittwoch zu neuen Demonstrationen zur Rettung "seines Lebens" aufgerufen. Nach Angaben seiner Ärzten droht dem Oppositionellen ein Herzstillstand. Washington drohte Moskau im Falle von Nawalnys Tod mit "Konsequenzen". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte eine sofortige "adäquate medizinische Behandlung" des 44-Jährigen.

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"Es ist Zeit zu handeln", schrieb der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow am Sonntag auf Facebook. Es gehe nicht mehr nur um die Freiheit des Oppositionellen, sondern "um sein Leben". Die Demonstrationen sollen am Mittwoch um 19.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MESZ) stattfinden. Das ist der Tag, an dem Präsident Wladimir Putin eine Rede zur Lage der Nation halten will.

Wolkow schrieb, es könne zu einer entscheidenden Auseinandersetzung gegen das "absolut Böse" kommen. Möglicherweise sei es eine der letzten Oppositions-Demonstrationen in den kommenden Jahren. Bei landesweiten Solidaritäts-Kundgebungen für Nawalny waren im Januar und Februar mehr als 11.000 Menschen festgenommen worden.

Nawalnys persönliche Ärztin Anastasia Wasiljewa und drei ihrer Kollegen, darunter ein Herz-Spezialist, hatten am Samstag Zugang zu dem Inhaftierten gefordert. Wegen kritischer Kaliumwerte drohten dem Widersacher von Putin "jede Minute" eine eingeschränkte Nierenfunktion sowie ernsthafte Herzrhythmusprobleme, erklärten sie.

Gewöhnlich erfordere ein Kaliumwert von mehr als 6,0 eine umgehende Behandlung, erklärten die Ärzte. Nawalnys Wert liege bei 7,1. Ihr Brief an die russische Gefängnisbehörde wurde am Samstag auf Wasiljewas Twitter-Konto veröffentlicht. In dem an den Gefängnischef adressierten Schreiben hieß es weiter, dem 44-Jährigen drohe ein "Herzstillstand".

Der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte im Fernsehsender CNN, es gebe verschiedene mögliche Gegenmaßnahmen im Falle des Todes von Nawalny. Er nannte zunächst zwar keine spezifischen möglichen Maßnahmen. "Aber wir haben klargemacht, dass es Konsequenzen geben wird, wenn Nawalny stirbt", betonte Sullivan.

Bundesaußenminister Maas sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir verfolgen mit großer Sorge, dass sich die Gesundheit von Alexej Nawalny immer weiter verschlechtert." Er kündigte an, dass sich der am Montag in Brüssel tagende Rat der EU-Außenminister mit dem Thema befassen werde.

Auch Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian zeigte sich "äußerst besorgt" über den Gesundheitszustand des Kreml-Kritikers. "Ich hoffe, dass Maßnahmen ergriffen werden, um sein Wohlergehen aber auch seine Freiheit zu garantieren", sagte er dem Sender France 3. Putin und Russland seien für Nawalnys Gesundheit verantwortlich. Auch neue Sanktionen seien nicht ausgeschlossen.

Der Grünen-Europapaabgeordnete Sergey Lagodinsky forderte die Bundesregierung und die EU auf, sich bei Putin für einen Transport Nawalnys in die EU einzusetzen. "Nawalny ist in unmittelbarer Lebensgefahr", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). "Ihm zu helfen ist unsere menschliche Pflicht." Auch mehr als 70 international bekannte Autoren, Künstler und Akademiker, darunter Daniel Kehlmann, J.K. Rowling und Patrick Süskind, forderten eine angemessene medizinische Behandlung für Nawalny.

Laut seiner Frau Julia Nawalnaja wiegt der 1,89 Meter große Kreml-Kritiker derzeit 76 Kilogramm - neun Kilogramm weniger als zu Beginn seines Hungerstreiks vor zwei Wochen und 17 Kilogramm weniger als vor seiner Verlegung ins Straflager in der Kleinstadt Pokrow im Februar.

Mit dem Hungerstreik will der Oppositionspolitiker erreichen, dass ihm eine angemessene medizinische Versorgung gewährt wird. Unterstützer-Angaben zufolge klagte er zuletzt unter anderem über heftige Rückenschmerzen und Taubheitsgefühle in Armen und Beinen.

Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok überlebt. Nach dem Anschlag, für den er den Kreml verantwortlich macht, wurde er nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt. Nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar wurde er festgenommen und zu Haft im Straflager verurteilt.

(S.A.Dudajev--DTZ)

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