Deutsche Tageszeitung - Erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischer Polizei

Erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischer Polizei


Erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischer Polizei
Erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischer Polizei / Foto: ©

In Jerusalem bleibt die Lage trotz eines Aufrufs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zur Ruhe angespannt: In der Altstadt gab es am Samstagabend den dritten Tag in Folge gewaltsame Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Polizisten, bei denen nach Angaben der Organisation Roter Halbmond sechs Palästinenser verletzt wurden. Mit Blick auf Raketenangriffe aus dem Gazastreifen warnte Netanjahu derweil, Israel sei "auf alle Szenarien vorbereitet".

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In den vergangenen Tagen waren die Spannungen zwischen muslimischen Palästinensern und jüdischen Israelis durch eine Reihe von Videos angeheizt worden. Sie zeigten, wie junge Araber ultra-orthodoxe Juden angreifen und wie jüdische Extremisten nachts Araber auf der Straße schikanieren. Am Donnerstagabend organisierte die rechtsextremistisch-jüdische Lahava-Organisation einen Aufmarsch in Jerusalem.

Bei Auseinandersetzungen zwischen Lahava-Anhängern und aufgebrachten Palästinensern wurden am Donnerstag mehr als 120 Menschen verletzt. Am Freitagabend folgten weitere Ausschreitungen.

Die Gewalt löste international Befürchtungen aus, dass es zu einer neuen Eskalation im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern kommen könnte. Die "Rhetorik extremistischer Demonstranten, die hasserfüllte und gewalttätige Parolen rufen", müsse "mit Nachdruck zurückgewiesen werden", mahnte ein US-Außenamtssprecher. Besorgt äußerten sich auch die EU und die Vereinten Nationen.

Um neue gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern, waren am Samstagabend in Ost-Jerusalem an der Grenze zur Altstadt hunderte israelische Polizisten postiert worden. Leichtere Auseinandersetzungen gab es am Damaskustor, einem der Hauptzugänge zum Tempelberg mit der Al-Aksa-Moschee.

Wie ein AFP-Reporter berichtete, bewarfen dort Palästinenser Polizisten mit Wasserflaschen, die Polizei setzte daraufhin Blendgranaten ein. Außerdem zündeten junge Palästinenser in einer nahegelegenen Straße mehrere Müllwagen an. Am Grenzübergang Kalandika zwischen Jerusalem und dem von Israel besetzten Westjordanland warfen nach Angaben der Polizei etwa hundert Palästinenser Steine und Molotowcocktails.

Der bewaffnete Flügel der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen hatte den Palästinensern in Ost-Jerusalem am Donnerstag seine Unterstützung zugesichert. Am Freitagabend wurden aus dem Gazastreifen 36 Raketen auf Israel abgeschossen - nach Angaben des israelischen Militärs war es der heftigste Beschuss seit Jahresbeginn. Ein Teil der Geschosse wurde demnach vom Raketenabwehrsystem "Iron Domes" abgefangen, weitere seien auf freiem Feld eingeschlagen.

Als Reaktion auf den massiven Raketenbeschuss griffen israelische Kampfjets am Samstag Hamas-Ziele im Gazastreifen an. Am Samstagabend fing die israelische Armee nach eigenen Angaben erneut eine Rakete ab, die aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden war.

Die israelische Regierung kam wegen der Gewalteskalation am Samstag zu einer Krisensitzung zusammen. Regierungschef Netanjahu rief danach "alle Seiten" zur Ruhe auf. Recht und Ordnung müssten eingehalten werden. Seine Regierung stehe für "Religionsfreiheit für alle Bewohner und Besucher von Jerusalem" ein, versicherte Netanjahu. Der Bürgermeister von Jerusalem, Mosche Lion, sagte in einem Radiointerview, er befinde sich in Gesprächen mit Palästinenservertretern in Ost-Jerusalem, um "diese sinnlose Gewalt zu beenden". Den Lahava-Aufmarsch am Donnerstag habe er versucht zu verhindern.

An der Krisensitzung in Jerusalem nahm auch Armeechef Aviv Kochavi teil. "Mit Blick auf den Gazastreifen habe ich die Anweisung gegeben, dass wir auf alle Szenarien vorbereitet sein müssen", sagte Netanjahu. Auch Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte, die Armee sei auf "eine mögliche Eskalation" vorbereitet.

(A.Nikiforov--DTZ)

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