Deutsche Tageszeitung - Drohende Zwangsräumung in Ost-Jerusalem heizt Spannungen weiter an

Drohende Zwangsräumung in Ost-Jerusalem heizt Spannungen weiter an


Drohende Zwangsräumung in Ost-Jerusalem heizt Spannungen weiter an
Drohende Zwangsräumung in Ost-Jerusalem heizt Spannungen weiter an / Foto: ©

Eine drohende Zwangsräumung von vier palästinensischen Familien aus ihren Häusern in Ost-Jerusalem heizt die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern weiter an. Für Donnerstagabend kündigten die Palästinenser erneute Proteste gegen ein entsprechendes Gerichtsurteil an. In der Nacht zuvor waren bei Auseinandersetzungen mit der Polizei 22 palästinensische Demonstranten verletzt und elf festgenommen worden. Der Oberste Gerichtshof kündigte für Montag eine Anhörung zu dem Fall an.

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Die vier palästinensischen Familien müssen damit rechnen, dass sie von den israelischen Behörden aus ihren Wohnungen im Stadtviertel Scheich Dscharrah nahe der Altstadt vertrieben werden. Scheich Dscharrah liegt im Ostteil Jerusalems, den Israel im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und 1980 annektiert hatte. Die Annexion wird international nicht anerkannt.

Anfang des Jahres hatte Jerusalems Bezirksgericht entschieden, dass die Häuser der palästinensischen Familien rechtmäßig jüdischen Familien gehören. Insgesamt droht damit mehr als 30 Palästinensern die Vertreibung.

Nach israelischem Recht können jüdische Israelis vor Gericht Besitzanspruch auf Häuser in Ost-Jerusalem anmelden, wenn ihre Vorfahren vor dem arabisch-israelischen Krieg (1948-49) dort im Besitz von Grundstücken waren. Für Palästinenser, die ihr Eigentum ebenfalls infolge des Kriegs verloren haben, gibt es kein solches Gesetz.

Jordanien, das Ost-Jerusalem bis 1967 kontrollierte, hatte sich im April in den Fall eingeschaltet, um das Bleiberecht der Familien mit Hilfe alter Dokumente zu untermauern. Demnach waren die Häuser ursprünglich im Besitz der jordanischen Behörden und an anerkannte palästinensische Flüchtlinge vermietet worden.

Israels Oberstes Gericht hatte beiden Seiten bis Donnerstag Zeit gegeben, um einen Kompromiss zu finden. Da dies nicht gelang, muss das Gericht nun entscheiden, ob die palästinensischen Familien gegen das Urteil Berufung einlegen können.

Nach Auffassung der Palästinenser ist der Fall Teil einer breiteren Kampagne, um sie aus Ost-Jerusalem zu vertreiben. Dort leben inzwischen über 210.000 israelische Siedler und mehr als 300.000 Palästinenser. Israel hat ganz Jerusalem zu seiner "unteilbaren" Hauptstadt erklärt, während die Palästinenser Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres eigenen Staats machen wollen.

Der Streit heizt die Spannungen zwischen beiden Seiten weiter an: Der rechtsextreme Abgeordnete Itamar Ben-Gvir kündigte am Donnerstag an, sein Büro nach Scheich Dscharrah zu verlegen. Zwei Tage zuvor hatte der Chef des militärischen Hamas-Flügels, Mohammed Deif, Israel damit gedroht, es werde "einen hohen Preis zahlen", wenn es an den Zwangsräumungen festhalte.

In einem Schreiben an den Internationalen Strafgerichtshof forderte der Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, Rijad al-Maliki, eine öffentliche Stellungsnahme "gegen die Verbrechen Israels am palästinensischen Volk in Scheich Dscharrah".

Der UN-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten, Tor Wennesland, bezeichnete die Situation als "äußerst besorgniserregend". Er forderte Israel auf, die Räumungen in Ost-Jerusalem zu stoppen.

Auch die Außenministerien von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien kritisierten die "fortgesetzten Zwangsräumungen in Ost-Jerusalem, darunter in Scheich Dscharrah". Gleichzeitig riefen sie die israelische Regierung auf, eine Genehmigung des Jerusalemer Bezirksausschusses für den Bau von 540 weiteren Wohneinheiten in der umstrittenen Siedlung Har Homa zwischen Ost-Jerusalem und Bethlehem im besetzten Westjordanland nicht umzusetzen.

Die Siedlungen verstießen gegen das Völkerrecht und gefährdeten "die Aussichten auf eine friedliche Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts", hieß es in der Erklärung der Ministerien. Dadurch würden zudem die "Perspektiven für einen lebensfähigen palästinensischen Staat" untergraben.

(A.Nikiforov--DTZ)

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