Deutsche Tageszeitung - UNO fordert Aufklärung nach Tod von Demonstranten in Kolumbien

UNO fordert Aufklärung nach Tod von Demonstranten in Kolumbien


UNO fordert Aufklärung nach Tod von Demonstranten in Kolumbien
UNO fordert Aufklärung nach Tod von Demonstranten in Kolumbien / Foto: ©

Einen Monat nach Beginn der massiven Proteste in Kolumbien hat sich die Lage in dem Land weiter zugespitzt. UN-Menschenrechtskomissarin Michelle Bachelet forderte am Sonntag eine unabhängige Untersuchung, nachdem in der Millionenstadt Cali nach ihren Angaben am Freitag 14 Menschen bei gewalttätigen Protesten ums Leben kamen und dutzende weitere verletzt worden. Präsident Iván Duque entsandte Soldaten nach Cali, um dort die Ordnung wieder herzustellen.

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Cali ist das Zentrum der Demonstrationen gegen Duques Regierung, bei denen bereits dutzende Menschen getötet wurden. Menschenrechtsaktivisten werfen den Sicherheitskräften unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstranten vor.

In Cali zeugten am Samstag Berge aus Schutt und rauchende Überreste von Barrikaden von einer weiteren chaotischen Protest-Nacht. Bei den Protesten kamen laut Polizei am Freitag 13 Menschen ums Leben, darunter acht durch Schüsse. UN-Menschenrechtkommissarin Bachelet gab die Zahl der Todesopfer mit 14 an, zudem seien 98 verletzt worden, die meisten davon durch Schüsse.

Staatspräsident Duque hatte am Freitagabend die Entsendung von insgesamt 7000 Soldaten in zehn Regionen des Landes angeordnet, in Cali sollten gut 1000 Soldaten die örtlichen Polizeikräfte unterstützen.

Ein Augenzeuge der Ereignisse vom Freitag sagte der Nachrichtenagentur AFP, Demonstranten hätten das einmonatige Jubiläum der regierungskritischen Proteste gefeiert, als plötzlich Schüsse zu hören gewesen seien. "Sie haben angefangen, die Menschen zu massakrieren", berichtete der 22-jährige Zeuge. Abgegeben worden seien die Schüsse von fünf Männern in ziviler Kleidung. In den Online-Netzwerken verbreitete Videos stützten diese Darstellung.

Die Polizei erklärte, die Berichte würden untersucht. Das für die öffentliche Sicherheit zuständige Mitglied der Stadtverwaltung, Carlos Rojas, sagte, die Konfrontationen in Cali hätten am Freitag fast die Dimension eines "urbanen Kriegs" erreicht.

UN-Menschenrechtskommissarin Bachelet forderte eine unabhängige Untersuchung der Gewalt in Cali. Es sei unabdingbar, dass alle, "Staatsbeamte eingeschlossen", sofortigen, unparteiischen und transparenten Untersuchungen unterzogen würden, wenn sie Berichten zufolge für "Verletzungen und Todesfälle" verantwortlich seien. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Viele Bewohner Calis fürchten sich nun auch vor den in ihre Stadt verlegten Soldaten. "Wir fühlen uns bedroht, wir fühlen uns in größerer Gefahr", sagte die 31-jährige Lina Gallegas AFP. "Wenn etwas passiert, können wir nicht einmal die Polizei rufen". Der Politikwissenschaftler Luis Felipe Vega verglich die militärische Verstärkung für die Polizei mit dem Versuch, einen Brand zu löschen, "indem man Öl ins Feuer gießt".

Die Proteste in Cali und anderen kolumbianischen Städten hatten sich ursprünglich an einer geplanten Steuerreform entzündet, die inzwischen zurückgezogen wurde. Die Proteste richten sich inzwischen allgemein gegen die Regierung. Die Demonstranten fordern bessere Arbeitsbedingungen, eine Reform des Rentensystems, einen besseren Schutz von Menschenrechtsaktivisten und die vollständige Umsetzung des Friedensabkommens mit der linksgerichteten Ex-Guerillabewegung Farc.

Das Auswärtige Amt in Berlin gab eine bedingte Reisewarnung für Kolumbien aus. Die landesweiten Proteste seien "teilweise mit massiv gewalttätigen Ausschreitungen verbunden". Weitere Eskalationen seien nicht auszuschließen, ein Ende der Unruhen bisher nicht absehbar.

(V.Sørensen--DTZ)

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