Deutsche Tageszeitung - Start slowenischer EU-Ratspräsidentschaft von Rechtsstaatsdebatte überschattet

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Start slowenischer EU-Ratspräsidentschaft von Rechtsstaatsdebatte überschattet


Start slowenischer EU-Ratspräsidentschaft von Rechtsstaatsdebatte überschattet
Start slowenischer EU-Ratspräsidentschaft von Rechtsstaatsdebatte überschattet / Foto: ©

Die turnusmäßige Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Slowenien am Donnerstag ist von der Rechtsstaatsdebatte und Vorwürfen gegen Regierungschef Janez Jansa überschattet worden. Unter dem Motto "Gemeinsam. Resilient. Europa" will Jansa die wirtschaftliche Erholung der EU von der Corona-Krise vorantreiben. Kritiker heben hingegen hervor, dass seine konservative Regierung zuletzt vor allem durch mangelhafte Kooperation mit der neu eingerichteten europäischen Staatsanwaltschaft (Eppo) und Angriffen auf die Pressefreiheit aufgefallen war.

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Slowenien hat als letztes teilnehmendes Land seine Eppo-Staatsanwälte noch nicht ernannt. Jansa hatte die Ernennung zweier vorgeschlagener Staatsanwälte blockiert - nach Einschätzung des Verbandes slowenischer Staatsanwälte weil die beiden Kandidaten in der Vergangenheit an Korruptionsermittlungen gegen den Regierungschef beteiligt waren.

Die Eppo mit Sitz in Luxemburg ist eigentlich bereits seit dem 1. Juni operativ und soll zum Kampf gegen Betrug zu Lasten des EU-Haushalts beitragen. Die Leiterin der neuen Ermittlungsbehörde, Laura Kövesi, kritisierte diese weitere Verzögerung als "Mangel an aufrichtiger Zusammenarbeit". Die "Effektivität" ihrer Behörde werde dadurch beeinträchtigt.

"Slowenien muss jetzt liefern und mit der Eppo zusammenarbeiten", forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Jansa im slowenischen Kranj. Sie zähle auf ihn, dass er nun rasch Staatsanwälte nach Luxemburg entsende.

Von der Leyen unterstrich zudem, mit Jansa im Gespräch zum Thema Pressefreiheit zu stehen. Im Zentrum steht hier ein Konflikt der Regierung in Ljubljana mit der einzigen Nachrichtenagentur des Landes, der STA. Die Regierung blockiert seit Monaten die staatliche Finanzierung für die STA. Der slowenische Journalistenverband ist überzeugt, dass es Jansa dabei um Vergeltung wegen kritischer Berichterstattung geht.

"Wir denken, dass Slowenien die Unabhängigkeit und die angemessene Finanzierung der Agentur sicherstellen muss", sagte von der Leyen. Die Kommission hatte Ljubljana bereits mehrfach aufgefordert, die Staatsgelder für STA freizugeben.

Die slowenische Ratspräsidentschaft folgt auf den portugiesischen EU-Vorsitz. Laut der offiziellen Website für die Ratspräsidentschaft will sich Jansas Regierung in den kommenden sechs Monaten auch für die "Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der europäischen Werte" in der EU einsetzen.

Nicht zuletzt die auch auf Ebene der EU-Staats- und Regierungschefs heftig geführte Debatte über ein hoch umstrittenes Gesetz Ungarns, das "Werbung" für Homosexualität unter Strafe stellt, ließ daran aber Zweifel aufkommen: Die slowenische Regierung stellte sich gemeinsam mit der polnischen hinter den rechtspopulistischen ungarischen Regierungschef Viktor Orban.

In Tweets hat Jansa in den vergangenen Monaten nicht nur kritische Journalisten aus dem In- und Ausland angegriffen, sondern auch EU-Vertreter, insbesondere aus dem Europaparlament. "Wir schulden der EU nichts", schrieb der 62-jährige Regierungschef im Mai.

Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner warf Jansa vor, die EU-Ratspräsidentschaft "in den Dreck" zu ziehen, "indem er gezielt Presse, Justiz und Zivilgesellschaft attackiert und die Entsendung von Staatsanwälten zur Europäischen Staatsanwaltschaft gestoppt hat". Die EU-Institutionen müssten dringend handeln. "Verstöße gegen die europäischen Grundwerte müssen Konsequenzen haben", betonte Brantner.

Der EU-Vorsitz wechselt alle sechs Monate unter den Mitgliedstaaten. Die Ratspräsidentschaft hat maßgeblich Einfluss auf Themenschwerpunkte und Zeitpläne bei der Beschlussfassung der Mitgliedstaaten. Für Slowenien ist es der zweite EU-Ratsvorsitz seit dem EU-Beitritt des Landes.

(W.Novokshonov--DTZ)

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