Ermittlungen gegen türkischen Staatsbürger wegen Spionage in Deutschland
Weitere Belastung für die deutsch-türkischen Beziehungen: Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen einen Türken, der für den türkischen Geheimdienst in Deutschland Menschen ausgespäht haben soll. Ziel der Aktion waren Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung, wie die Karlsruher Behörde am Freitag der Nachrichtenagentur AFP mitteilte. Der Verdächtige Ali D. war demnach vor zwei Wochen bei einem Großeinsatz von Spezialkräften in einem Düsseldorfer Hotel festgenommen worden.
Ein Mitarbeiter des Hotels habe bei dem Mann eine Waffe entdeckt und die Polizei verständigt, erklärte die Bundesanwaltschaft. SEK-Beamte durchsuchten daraufhin das Gebäude und fanden eine Schreckschusswaffe, 200 Schuss scharfe Munition sowie Schriftstücke mit mehreren Namen und weiteren Informationen über mutmaßlich ausgespähte Menschen.
Wegen der Munition wird Ali D. ein "Verstoß gegen das Waffengesetz" zur Last gelegt. Im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf ergab sich zudem der Verdacht einer Spionagetätigkeit im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT. Nun übernahm die in derartigen Fällen zuständige Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen.
Diese erklärte nun, es gebe "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte", dass der Verdächtige für den MIT "Informationen über im Raum Köln wohnhafte Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung sammelte". Es bestehe "ein Anfangsverdacht der geheimdienstlichen Agententätigkeit".
Medienberichten zufolge hatten die Behörden in Nordrhein-Westfalen es für möglich gehalten, dass ein Anschlag geplant war. Der Berliner "Tagesspiegel" berichtete unter Verweis auf Sicherheitskreise, Ali D. sei offenbar ein Rechtsextremist, der vom MIT gesteuert wurde. Denkbar sei, dass der Mann die Anhänger der Gülen-Bewegung ausspähen und womöglich einschüchtern sollte.
Der türkische Staat geht seit Jahren mit voller Härte gegen Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen vor, denen sie vorwirft, die staatlichen Institutionen unterwandert zu haben. Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt den im US-Exil lebenden Gülen auch, hinter dem Putschversuch gegen ihn von 2016 zu stecken. Gülen, dessen religiöse Bewegung lange mit Erdogans Partei AKP verbündet war, bestreitet dies.
Der türkische Sicherheitsapparat hat sein hartes Vorgehen längst auf Oppositionspolitiker, Journalisten und Aktivisten ausgedehnt, denen häufig pauschal die Unterstützung terroristischer Vereinigungen zur Last gelegt werden. Nach Angaben des türkischen Innenministeriums wurden seit 2016 mehr als 321.000 Menschen festgenommen, etwa 3000 wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Über 100.000 Menschen im öffentlichen Dienst verloren ihre Jobs, darunter 23.000 Soldaten und 4000 Richter und Staatsanwälte.
Infolge der verschärften Repression sind tausende Türken nach Deutschland geflohen - nach Angaben der Gülen-Bewegung in Deutschland auch knapp 20.000 ihrer Anhänger. Die Türkei wirft Deutschland immer wieder vor, nicht hart genug gegen "Terroristen" und "Putschisten" vorzugehen und diese nicht auszuliefern.
Seit Jahren mehren sich auch die Berichte über türkische Geheimdiensteinsätze gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger im Ausland. Im Mai wurde der Neffe des Predigers festgenommen und in die Türkei gebracht. Seine Frau sagte, Selahaddin Gülen sei in Kenia entführt worden.
(V.Sørensen--DTZ)