
EuGH: Europäischer Haftbefehl darf nach Aufhebung von Amnestie ausgestellt werden

Ein slowakisches Gericht darf gegen einen Verdächtigen im Fall der Entführung eines Präsidentensohns einen Europäischen Haftbefehl ausstellen. Dies sei möglich, obwohl es zuvor eine Amnestie gegeben hatte, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Donnerstag. Denn die slowakischen Justizbehörden hätten noch nicht über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten entschieden. (Az. C-203/20)
Der Sohn des damaligen slowakischen Präsidenten Michal Kovac war 1995 in der Slowakei entführt und nach Österreich gebracht worden. Die Strafverfolgung der Verdächtigen - ehemalige Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten - wurde drei Jahre später eingestellt. Damals erließ Regierungschef Vladimir Meciar, ein politischer Gegner Kovacs, eine Amnestie.
Laut slowakischem Recht galt dies als Freispruch. Die Amnestie wurde aber 2017 vom Parlament aufgehoben, später bestätigte das Verfassungsgericht diesen Beschluss. Vor dem Bezirksgericht in Bratislava wird der Fall neu aufgerollt.
(V.Korablyov--DTZ)