Zehntausende bei pro-palästinensischen Demonstrationen in verschiedenen Städten
Zehntausende Menschen haben am Wochenende an pro-palästinensischen Demonstrationen in verschiedenen deutschen Städten teilgenommen. In Düsseldorf beschlagnahmte die Polizei Plakate, die den Holocaust relativierten. In Essen wurden Zeichen gezeigt, die den verbotenen Symbolen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) und der radikalislamischen afghanischen Taliban ähneln. Nordrhein-westfälische Politiker kündigten an, die Auflagen für Demonstrationen überprüfen zu lassen.
In Düsseldorf nahmen am Samstag etwa 17.000 Menschen an einer pro-palästinensischen Demonstration teil und damit deutlich mehr als angemeldet. Wie die Polizei in Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt am Samstagabend mitteilte, wurden Plakate beschlagnahmt, die Straftatbestände erfüllten. Die Plakate relativierten den Holocaust, schrieb die Polizei auf X (früher Twitter). Es würden Strafverfahren eingeleitet. Die Einsatzkräfte seien "konsequent" eingeschritten und hätten Straftaten geahndet, hieß es weiter.
In Berlin nahmen am Samstag nach Schätzung der Polizei 9000 Menschen an einer pro-palästinensischen Demonstration im Stadtzentrum teil. Größere Zwischenfälle wurden zunächst nicht bekannt. Demonstrierende skandierten "Freiheit für Palästina". Allerdings gab es auch "Völkermord"- und "Apartheid"-Vorwürfe gegen Israel. Einige mitgeführte Banner wurden durch die Polizei beschlagnahmt, auch wurden Platzverweise ausgesprochen und einige Menschen in Gewahrsam genommen.
In Essen versammelten sich am Freitagabend etwa 3000 Teilnehmer einer pro-palästinensischen Demonstration. Wie die Polizei mitteilte, wurden neben Palästina-Fahnen und -Symbolen auch solche gezeigt, die den verbotenen Symbolen von IS und Taliban ähnelten. Augenzeugen berichteten, dass auf Plakaten die Errichtung eines islamischen Kalifats gefordert und in Sprechchören die Vernichtung Israels verlangt worden sei.
Die Polizei erklärte, dass der Staatsschutz schon während der Demonstration Plakate und Parolen überprüft habe. Es sei festgestellt worden, dass nichts Verbotenes gezeigt oder gerufen worden sei. Zahlreiche Bild- und Tonaufnahmen sollen aber noch ausgewertet werden. Möglicherweise festgestellte Straftaten würden "konsequent" verfolgt.
Es sei deutlich geworden, dass der Versammlungsgrund "Pro Palästina" möglicherweise nur vorgeschoben war, "um eine islamreligiöse Versammlung auf Essens Straßen durchzuführen", hieß es weiter. Ordner hätten eine "strikte Geschlechtertrennung" vorgenommen und Frauen sowie Kinder hätten am Ende der Demonstration laufen müssen. Auch bei der Abschlusskundgebung hätten sie an einer anderen Stelle stehen müssen als Männer.
Mehrere Politiker äußerten sich entsetzt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schrieb auf X: "Bei den pro-palästinensischen Demonstrationen am Wochenende wurden Grenzen überschritten." Es sei "völlig inakzeptabel, dass islamistische Extremisten auf den Straßen unseres Landes für ihre Ziele werben und ein Kalifat fordern".
Alles würde auf strafrechtliche Relevanz hin untersucht, erklärte Wüst. Die Behörden würden die Auflagen für solche Demonstrationen erneut überprüfen. Auch Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) kündigte an, die Auflagen für Kundgebungen zu überprüfen. Wer auf Straßen den Kalifat-Staat ausrufe, habe die demokratische Grundordnung in Deutschland nicht verstanden, sagte Reul der "Bild am Sonntag".
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte der Zeitung, er sei entsetzt. Erst kürzlich habe er sich an die Landesjustizminister und indirekt an die Landesinnenminister gewandt und eine entschlossene und entschiedene Polizeitaktik angeregt. "Das Ziel muss sein, die Identitäten von Verdächtigen festzustellen und Beweismittel zu sichern, damit es schnell zu Strafverfahren kommen kann."
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der "Bams": "Islamisten, Juden-Hassern und Terror-Unterstützern darf die Straße nicht überlassen werden." Er forderte eine Strafrechtsverschärfung "mit Mindestfreiheitsstrafen bis zu Passentzug und Abschiebung."
Auch in anderen Städten wie Münster, Saarbrücken und Bremen fanden am Wochenende pro-palästinensische Demonstrationen statt. Sie verliefen nach Polizeiangaben weitgehend friedlich. Am Freitagabend demonstrierten bis zu 850 Teilnehmer in Frankfurt am Main. Dabei wurden wegen mehrerer Verstößen gegen Auflagen neun Menschen vorübergehend festgenommen.
(L.Barsayjeva--DTZ)