Deutsche Tageszeitung - Israel bombardiert Rafah trotz IGH-Urteils - Neue Verhandlungen über Waffenruhe geplant

Israel bombardiert Rafah trotz IGH-Urteils - Neue Verhandlungen über Waffenruhe geplant


Israel bombardiert Rafah trotz IGH-Urteils - Neue Verhandlungen über Waffenruhe geplant
Israel bombardiert Rafah trotz IGH-Urteils - Neue Verhandlungen über Waffenruhe geplant / Foto: © AFP

Israel hat seine Angriffe auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens trotz einer Anordnung des höchsten UN-Gerichts zum Stopp der Offensive fortgesetzt. Die israelische Armee habe Rafah und Chan Junis sowie die Stadt Gaza am frühen Sonntagmorgen bombardiert, berichteten Augenzeugen einem AFP-Korrespondenten. Die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln könnten in Kürze wieder aufgenommen werden.

Textgröße ändern:

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte am Freitag den sofortigen Stopp der israelischen Offensive in Rafah angeordnet. Das UN-Gericht in Den Haag gab damit einem Antrag Südafrikas teilweise statt. Zur Begründung erklärte das Gericht, die Offensive könne zu Lebensbedingungen beitragen, die "zur vollständigen oder teilweisen Zerstörung" der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen führen könnten. Das höchste UN-Gericht wies Israel zudem an, den Grenzübergang Rafah an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten offenzuhalten.

Israel wies die Einschätzung des Gerichts zurück und stellte keinen Kurswechsel in Rafah in Aussicht. Die israelische Armee habe keine Militäreinsätze in der Region Rafah ausgeführt, "die der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen Lebensbedingungen auferlegen könnten, die zu ihrer vollständigen oder teilweisen Zerstörung führen könnten", erklärten das israelische Außenministerium und der Nationale Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi nach einer von Regierungschef Benjamin Netanjahu einberufenen Krisensitzung mit mehreren Ministern.

In der Stadt an der Grenze zu Ägypten hatten vor der israelischen Offensive mehr als eine Million Menschen Zuflucht vor den seit Oktober andauernden Kämpfen gesucht. Israel bezeichnet Rafah als die letzte Bastion der Kämpfer der radikalislamischen Hamas.

Der bewaffnete Arm der Palästinenserorganisation erklärte am Samstag, Hamas-Kämpfer hätten im Flüchtlingslager Dschabalia im nördlichen Gazastreifen eine israelische Armeeeinheit angegriffen und alle Mitglieder "getötet, verwundet oder gefangen genommen".

Die israelische Armee wies die Darstellung der Hamas zurück. Es habe "keinen Vorfall gegeben, bei dem ein Soldat entführt wurde", erklärte die Armee, ohne nähere Angaben zu möglicherweise getöteten oder verletzten Soldaten zu machen.

Kämpfer der radikalislamischen Hamas hatten am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff auf Israel verübt und dabei israelischen Angaben zufolge mehr als 1170 Menschen getötet. Zudem wurden 252 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 35.900 Menschen getötet.

Nach Angaben aus Regierungskreisen beabsichtigt Israel, in den kommenden Tagen die Verhandlungen über die Freilassung der seit dem 7. Oktober im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln wieder aufzunehmen.

Israelische Medien berichteten, Mossad-Chef David Barnea habe sich mit CIA-Direktor Bill Burns und dem katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani auf einen neuen Rahmen für die festgefahrenen Verhandlungen geeinigt. Der hochrangige Hamas-Vertreter Usama Hamdan sagte dem Sender Al-Dschasira jedoch, dass die Hamas "von den Vermittlern über nichts informiert" worden sei.

Die Gespräche über die Befreiung der verbliebenen Geiseln und eine Waffenruhe im Gazastreifen waren in diesem Monat zum Stillstand gekommen, nachdem Israel die Bodenoffensive in Rafah gestartet hatte.

In Tel Aviv versammelten sich am Samstagabend erneut tausende Demonstranten und forderten die israelische Regierung auf, Maßnahmen zur Freilassung der Hamas-Geiseln zu ergreifen. Die Demonstranten hielten eine Schweigeminute für die gestorbenen Geiseln ab, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. 121 Geiseln werden immer noch im Gazastreifen festgehalten. Nach Angaben der israelischen Armee sind 37 von ihnen tot.

(P.Vasilyevsky--DTZ)

Empfohlen

Unionsfraktion will Einbindung von Bundestag bei EU-Nutzung von Russland-Vermögen

Die Unionsfraktion fordert eine Einbindung des Bundestags, falls Deutschland im Zusammenhang mit den Plänen zur Nutzung eingefrorener russischer Vermögen für die Unterstützung der Ukraine finanzielle Verpflichtungen eingeht. Es handle sich hier um ein "Thema mit gravierenden Auswirkungen", sagte Unionsparlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) am Dienstag in Berlin. "Der Bundestag muss sich auf jeden Fall damit beschäftigen."

Albanese: Schützen von Sydney offenbar von "Ideologie des Islamischen Staates" motiviert

Zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag auf eine jüdische Feier am Bondi Beach in Sydney hat sich der Verdacht auf ein islamistisches Motiv erhärtet. Die mutmaßlichen Täter seien offenbar Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gewesen, sagte Australiens Premierminister Anthony Albanese am Dienstag im Sender ABC. Die Verdächtigen waren im November in die Philippinen gereist, um die von islamistischen Unruhen geprägte Region Mindanao zu besuchen, wie philippinischen Behörden bestätigten.

Rechtsextreme Musik auf Weihnachtsmarkt: Staatsschutz ermittelt in Niedersachsen

Auf einem Weihnachtsmarkt im niedersächsischen Otterndorf soll an mehreren Tagen hintereinander rechtsextreme Musik mit volksverhetzenden und antisemitischen Texten abgespielt worden sein. Die Polizei in Cuxhaven ermittelte nach eigenen Angaben vom Dienstag unter anderem aufgrund entsprechender Videobeiträge in sozialen Netzwerken. Abgespielt wurden demnach auch Lieder der gerichtlich als kriminelle Vereinigung eingestuften deutschen Neonaziband Landser. Die Täter waren unbekannt.

Neffe von Thailands Ex-Regierungchef Thaksin als Spitzenkandidat für Wahl im Februar nominiert

Inmitten des wiederaufgeflammten Grenzkonflikts mit Kambodscha hat die Partei des früheren thailändischen Regierungschefs Thaksin Shinawatra dessen Neffen zu ihrem Spitzenkandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten bei der bevorstehenden Parlamentswahl aufgestellt. Die Pheu-Thai-Partei nominierte am Dienstag Yodchanan Wongsawat zu ihrem Spitzenkandidaten bei der für den 8. Februar angesetzten Parlamentswahl. Der 46-Jährige Biomedizintechniker ist der Sohn von Ex-Regierungschef Somchai Wongsawat und Thaksins Schwester Yaowapa Wongsawat.

Textgröße ändern: