
Rajoy wirft Unabhängigkeitsbefürwortern Angriff auf Spaniens Souveränität vor

Der ehemalige spanische Regierungschef Mariano Rajoy hat den in Madrid angeklagten Anführern der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung einen Angriff auf die nationale Souveränität vorgeworfen. Den Verantwortlichen in Katalonien sei von vornherein "klar" gewesen, dass ihr Referendum über die Loslösung von Spanien illegal gewesen sei, sagte der Konservative am Mittwoch vor dem Obersten Gericht. Damit hätten sie bewusst eine gewaltsame Eskalation in Kauf genommen. Rajoy bedauerte zugleich die Polizeigewalt beim Einsatz gegen das Referendum.
Zu Filmaufnahmen von dem harten Polizeieinsatz sagte der 63-jährige Rajoy: "Ich bedauere diese Bilder wirklich, ich mag sie nicht." Aber ohne den Aufruf zu dem "illegalen Referendum" und ohne die gesetzwidrigen Entscheidungen hätte "niemand die Verletzungen sehen müssen, die einige Menschen und einige Mitglieder der staatlichen Sicherheitskräfte erlitten haben", sagte Rajoy im Gericht.
Mit ihrer einseitigen Unabhängigkeitserklärung hätten die katalanischen Politiker eine "außergewöhnliche Situation" heraufbeschworen, kritisierte Rajoy. Mit der Loslösung von Madrid hätten sie auf die "Abwicklung der nationalen Souveränität" abgezielt.
Zuvor hatte Rajoys damalige Stellvertreterin Soraya Saénz den Angeklagten vorgehalten, bei der Abhaltung des Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens Gewalt in Kauf genommen zu haben. "Jeder kann seine eigene Meinung haben und diese ausdrücken, aber man kann nicht gegen das Gesetz und gerichtliche Entscheidungen verstoßen und Gewalt hervorrufen", sagte Saénz.
Der katalanische Ex-Regionalpräsident Artur Mas verteidigte in seiner Aussage das Vorgehen der Unabhängigkeitsbefürworter und kritisierte den Einsatz der Polizei, um das Referendum zu verhindern. Er hätte nicht erwartet, dass die Regierung dafür Sicherheitskräfte einsetzt und Bilder gewaltsamer Zusammenstöße riskiert. "Ich gebe zu, ich hatte Unrecht, das war die Option."
Die zwölf katalanischen Politiker stehen wegen "Rebellion" vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, trotz eines gerichtlichen Verbots ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben, in dessen Folge der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont die Region für unabhängig erklärt hatte.
Die Zentralregierung in Madrid hatte Puigdemont daraufhin entmachtet und Katalonien unter spanische Zwangsverwaltung gestellt. Puigdemont war später ins Ausland geflohen. Er ist nicht unter den Angeklagten in dem Verfahren, da nach spanischem Recht bei schweren Vorwürfen Beschuldigten nicht in Abwesenheit der Prozess gemacht werden kann.
Kritiker werfen Rajoy vor, durch seine harte Haltung den Unabhängigkeitsbefürwortern in Katalonien erst Zulauf verschafft zu haben. Die Zustimmung schnellte von zehn Prozent im Jahr 2010 auf 47,4 Prozent im Jahr 2017 hoch. Das Referendum fand im Oktober 2017 statt. Rajoy regierte von 2011 bis zum Juni vergangenen Jahres, als er sein Amt im Zuge eines Misstrauensvotums verlor.
(V.Sørensen--DTZ)