Deutsche Tageszeitung - Brasilien: Ermittlungen gegen Bolsonaro in Impfaffäre werden womöglich beendet

Brasilien: Ermittlungen gegen Bolsonaro in Impfaffäre werden womöglich beendet


Brasilien: Ermittlungen gegen Bolsonaro in Impfaffäre werden womöglich beendet
Brasilien: Ermittlungen gegen Bolsonaro in Impfaffäre werden womöglich beendet / Foto: © AFP

Dem früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro steht ein Prozess wegen Putschvorwürfen bevor - andere Ermittlungen gegen den ultrarechten Politiker zu der weniger schwerwiegenden Anschuldigung, er habe Impfzertifikate fälschen lassen, werden hingegen womöglich eingestellt. Die brasilianische Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, sie habe beim Obersten Gericht beantragt, das Ermittlungsverfahren zu den Impfbescheinigungen zu beenden.

Textgröße ändern:

Bolsonaro war vorgeworfen worden, im Jahr 2022 die Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen für sich selbst, seine Frau und seine minderjährige Tochter angeordnet zu haben. Als Begründung für die angestrebte Einstellung der Ermittlungen nannte die Staatsanwaltschaft nun mangelnde Beweise. Die Ermittlungen hätten sich "allein" auf Aussagen des früheren Bolsonaro-Beraters Mauro Cid gestützt.

Der Bolsonaro-Anwalt Paulo Cunha begrüßte die Entscheidung und erklärte, es gebe in dem Fall "keinerlei Belege". Cunha äußerte die Hoffnung, dass auch die anderen Verfahren gegen den Ex-Staatschef eingestellt würden.

Die Staatsanwaltschaft erklärte jedoch, die Fälle der Impfzertifikate und der Putschvorwürfe "unterscheiden sich erheblich". Die Bundespolizei habe "überzeugende und überparteiliche Beweise" dafür vorgelegt, dass Bolsonaro an einem Putschversuch beteiligt gewesen sei. Bolsonaros Ex-Berater Cid ist auch der Hauptzeuge der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren zu den Putschvorwürfen.

Der Oberste Gerichtshof hatte am Mittwoch entschieden, es gäbe genügend Beweise gegen den rechtsradikalen Politiker für die Eröffnung eines Prozesses wegen des Vorwurfs des versuchten Staatsstreichs. Bolsonaro soll versucht haben, den Amtsantritt seines linksgerichteten Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva nach dessen Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2022 zu verhindern.

Lula hatte die Präsidentschaftswahl gegen Bolsonaro gewonnen und am 1. Januar 2023 sein Amt angetreten. Eine Woche später wurde Brasilien von gewaltsamen Ausschreitungen erschüttert, als Bolsonaro-Anhänger den Kongress, den Amtssitz des Präsidenten sowie das Oberste Gericht stürmten und dort stundenlang Verwüstungen anrichteten.

Am 19. Februar hatte die Staatsanwaltschaft formell Anklage gegen Bolsonaro wegen Putschversuchs erhoben. Zu den fünf Anklagepunkten zählt auch die Bildung einer "bewaffneten kriminellen Organisation", die einen Plan zur Ermordung von Lula, seines Stellvertreters und eines Richters am Obersten Gerichtshof, Alexandre de Moraes, ausgearbeitet haben soll.

Bolsonaro hofft - ähnlich, wie es dem ihm politisch nahestehenden US-Präsidenten Donald Trump gelungen war - auf ein politisches Comeback und will 2026 bei der nächsten Präsidentschaftswahl antreten. Das darf er aber nach jetzigem Stand nicht: Das brasilianische Wahlgericht schloss Bolsonaro für den Zeitraum von 2023 bis 2030 von politischen Ämtern aus, da er ohne Beweise die Zuverlässigkeit des elektronischen Wahlsystems in Zweifel gezogen hatte.

(U.Beriyev--DTZ)

Empfohlen

Melonis Charmeoffensive: Trump glaubt "hundert Prozent" an Zoll-Deal

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hat es im Zollstreit mit einer Charmeoffensive bei US-Präsident Donald Trump versucht. Die ultrarechte Regierungschefin besuchte ihren "Freund" Donald am Donnerstag in Washington und bekundete demonstrativ Einigkeit mit dem Republikaner. Beide wollten den "Westen wieder großartig machen", sagte sie. Trump gab sich milde und bekundete, er glaube zu "hundert Prozent" an einen Zoll-Deal mit der Europäischen Union.

Internationale Ukraine-Gespräche mit US-Vertretern in Paris - Weiteres Treffen in London geplant

Zum ersten Mal seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump saßen Europäer beim Thema Ukraine mit am Verhandlungstisch: US-Außenminister Marco Rubio und der US-Sondergesandte Steve Witkoff haben am Donnerstag in Paris mit ranghohen Vertretern Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der Ukraine über Wege zur Beendigung des Krieges beraten. Die französische Präsidentschaft lobte einen "exzellenten Austausch". In der kommenden Woche wollen sich Vertreter der beteiligen Länder nach Angaben Frankreichs in London zu neuen Gesprächen treffen.

Selenskyj wirft US-Sondergesandtem Witkoff Übernahme russischer Positionen vor

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem US-Sondergesandten Steve Witkoff die Übernahme russischer Positionen vorgeworfen. "Ich glaube, Herr Witkoff hat die Strategie der russischen Seite übernommen", sagte Selenskyj am Donnerstag vor Journalisten. Das sei sehr gefährlich. "Er verbreitet russische Narrative, ich weiß nicht, ob bewusst oder unbewusst", fügte der ukrainische Präsident hinzu.

Selenskyj wirft China Waffenlieferungen an Russland vor

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat China vorgeworfen, Russland mit Waffen zu beliefern. "Wir haben endlich Informationen erhalten, dass China Waffen an die Russische Föderation liefert, sagte er am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Kiew. "Wir glauben, dass chinesische Vertreter an der Produktion bestimmter Waffen auf russischem Territorium beteiligt sind." Nähere Angaben machte Selenskyj nicht, er sprach jedoch von "Schießpulver und Artillerie".

Textgröße ändern: