
Spitze der Sozialdemokraten im EU-Parlament empfiehlt Ja zu von der Leyen

Trotz Widerstands der SPD hat die Führung der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament eine Wahlempfehlung für die nominierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) abgegeben. "Wir unterstützen von der Leyen, teilte die Fraktionsspitze am Dienstagnachmittag über Twitter mit. Die Fraktion werde aber darüber wachen, ob sie ihre "progressiven Zusagen" einhalte.
Gegen die Nominierung der CDU-Politikerin sprachen sich bei einer Fraktionssitzung am Nachmittag einem Sprecher zufolge neben den 16 SPD-Abgeordneten auch Parlamentarier aus Frankreich, Belgien, Polen und anderen Ländern aus. Insgesamt könnten demnach rund 50 Sozialdemokraten von der Leyen ablehnen und hundert andere für sie stimmen.
Auf Unterstützung kann die 60-Jährige auch bei den Liberalen hoffen. Fraktionschef Dacian Ciolos erklärte auf Twitter, die liberale Fraktion Renew Europe werde für die CDU-Politikerin stimmen. Nach Angaben aus Fraktionskreisen dürften fast alle der 108 Mitglieder der Gruppe dieser Empfehlung folgen.
Außerdem kann von der Leyen in ihrer konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) mit einer sehr großen Mehrheit rechnen. Die EVP stellt mit 182 Abgeordneten die größte Fraktion im Europaparlament. Einen Sprecher zufolge waren am Dienstag alle anwesend. Aus EVP-Fraktionskreisen verlautete, es könne nicht ganz ausgeschlossen werden, dass "einige wenige" Abgeordnete von der Leyen ihre Zustimmung verweigern.
Eine Ablehnung haben auch Grüne und Linke angekündigt. Ob von der Leyen auch Stimmen aus der europakritischen EKR-Fraktion oder gar von den Rechtspopulisten der ID-Gruppe erhält, ist offen. In der EKR lehnen einem Sprecher zufolge vor allem die 26 Abgeordneten der polnischen Regierungspartei PiS die Kandidatin ab. Sie sind demnach über Äußerungen von der Leyens zur Rechtsstaatlichkeit verärgert.
Die Abstimmung findet am Abend (18.00 Uhr) im Straßburger Parlament statt. Es wird mit einem knappen Ergebnis gerechnet: Von der Leyen braucht für eine Ernennung zur Kommissionspräsidentin die Unterstützung von mehr als der Hälfte der 747 registrierten Abgeordneten in der Volksvertretung. Dies sind 374 Stimmen. Die Abstimmung erfolgt in geheimer Wahl, Parlamentarier sind damit de facto nicht an Wahlempfehlungen gebunden.
(W.Novokshonov--DTZ)