Deutsche Tageszeitung - Koalition uneins über direkte Gespräche mit Taliban

Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild

Koalition uneins über direkte Gespräche mit Taliban


Koalition uneins über direkte Gespräche mit Taliban
Koalition uneins über direkte Gespräche mit Taliban / Foto: © AFP/Archiv

In der schwarz-roten Koalition herrscht weiter Uneinigkeit über direkte Gespräche mit den radikalislamischen Taliban über Abschiebungen nach Afghanistan. Dafür warb im TV-Sender Welt am Donnerstag erneut der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Dagegen wandte sich im Berliner "Tagesspiegel" unter anderem der außenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Adis Ahmetovic.

Anzeige Bild

Textgröße ändern:

Throm argumentierte, dass es auch bisher schon "sogenannte technische Kontakte" zu den Taliban gegeben habe. Allerdings ging es dabei um entwicklungspolitische Fragen sowie die Ausreise von Menschen aus Afghanistan.

Damals sei die Fragestellung gewesen: "Wie können wir, also wie kann die damalige Bundesregierung dafür sorgen, dass Menschen aus Afghanistan herauskommen?", sagte dazu Throm. "Und wir wollen jetzt dafür sorgen, dass Menschen wieder nach Afghanistan zurückkehren", fügte er hinzu. Solche Abschiebungen seien auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart, "beginnend mit Straftätern, schweren Straftätern und Gefährdern".

Ähnlich wie Throm äußerte sich im Berliner "Tagesspiegel" auch der CDU-Innenpolitiker Marc Henrichmann. Zuvor hatte sich auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) für direkte Gespräche mit Taliban-Vertretern ausgesprochen. Bislang gibt es zu dem Regime vorwiegend indirekte Kontakte, vor allem über Vermittler in Katar. Die Frage direkter Kontakte zu den Taliban ist umstritten, weil deren selbstproklamiertes Emirat mit Ausnahme Russlands bislang international nicht anerkannt wird.

"Mit einer Gruppierung, die Frauen und Mädchen systematisch Bildung, Arbeit und Freiheit verweigert, die öffentliche Gewalt ausübt, Andersdenkende verfolgt und grundlegende Menschenrechte mit Füßen tritt, kann es aktuell keinen Dialog geben", sagte dagegen Ahmetovic. Als "deutliches Signal" wertete er auch die kürzlich vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Haftbefehle gegen führende Mitglieder des Taliban-Regimes. "Wer die Würde des Menschen derart missachtet, ist kein legitimer Gesprächspartner – weder diplomatisch noch moralisch", stellte der SPD-Politiker klar.

"Wir erkennen das De-Facto-Regime der Taliban nicht als die rechtmäßige Regierung Afghanistans an", bekräftigte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) am Rande von politischen Gesprächen in Wien. "Wir haben vor allem über das Verbindungsbüro für Afghanistan mit Sitz in Doha auf technischer Ebene mit Vertretern der De-Facto-Regierung in Afghanistan Kontakt", fügte er hinzu. "Das war es und das ist es und es gibt auch keine darüber hinausgehenden Kontakte des Bundesinnenministeriums."

Auch Wadephul verwies auf "schwere Besorgnisse" mit Blick auf die Menschenrechtssituation in Afghanistan "und insbesondere, was die Situation von Frauen und Mädchen angeht". Dies werde die Bundesregierung auch weiterhin "gegenüber dem De-Facto-Regime der Taliban deutlich machen".

Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, es habe im Berliner Hotel Adlon ein Geheimtreffen des früheren afghanischen Präsidenten Hamid Karsai mit dem ehemaligen Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, zum Thema Abschiebungen gegeben. Der Zeitung zufolge verfügt Karsai über enge Kontakte zu den Taliban, die seinen Nachfolger Aschraf Ghani 2021 von der Macht verdrängt hatten. Unklar blieb, ob es in diesem Zusammenhang von deutscher Seite auch mit Taliban-Vertretern Gespräche gab.

Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger warf Dobrindt vor, deutsche Außenpolitik "einer zynischen Ideologie" zu opfern. "Das ist Politik ohne sicherheitspolitischen Kompass und ohne Anstand", erklärte sie in Berlin.

(B.Izyumov--DTZ)

Empfohlen

Unterhändler aus aller Welt beraten erneut über Abkommen gegen Plastikmüll

Unterhändler aus fast 180 Ländern unternehmen ab Dienstag in Genf einen neuen Anlauf für ein globales Abkommen zur Reduzierung des Plastikmülls. Bei den auf zehn Tage angesetzten Verhandlungen geht es darum, die dramatisch zunehmende Vermüllung des Planeten durch Plastikabfälle zu stoppen. Rückstände der extrem langlebigen Plastikverschmutzung werden mittlerweile in den entlegensten Weltgegenden und in praktisch jedem Teil des menschlichen Körpers nachgewiesen.

Berichte: Netanjahu will Wiederbesetzung des gesamten Gazastreifens anordnen

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu will Medienberichten zufolge eine vollständige Wiederbesetzung des Gazastreifens anordnen. Das Kabinett wolle am Dienstag eine entsprechende "aktualisierte Strategie" für die israelischen Streitkräfte beschließen, berichteten der Sender 12 und die Zeitung "Jerusalem Post" am Montagabend unter Berufung auf Regierungsvertreter. Demnach sind auch Militäreinsätze in Gebieten geplant, in denen israelische Geiseln vermutet werden.

Nach Freilassung von libyschem Polizeichef: Ermittlungen gegen Meloni eingestellt

Nach der umstrittenen Freilassung eines wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesuchten libyschen Verantwortlichen hat die italienische Justiz ihre Ermittlungen gegen Regierungschefin Giorgia Meloni eingestellt. Meloni erklärte am Montagabend auf Onlineplattformen, das für mögliche Vergehen von Regierungsmitgliedern zuständige Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht "im Voraus" über die Vorgänge informiert gewesen sei. Sie sei deswegen nicht an der Entscheidung beteiligt gewesen, den Libyer abzuschieben.

Erste Frau an Spitze von MI5 und Vorbild für "M": Frühere Geheimdienstchefin Rimington tot

Die frühere MI5-Chefin Stella Rimington - die erste Frau an der Spitze des britischen Inlandsgeheimdienstes - ist tot. Rimington, die als Vorbild für die von der Schauspielerin Judi Dench in mehreren James-Bond-Filmen verkörperte Geheimdienstchefin "M" gilt, starb am Sonntag im Alter von 90 Jahren, wie der MI5 am Montag mitteilte. Sie hatte zwischen 1992 und 1996 den legendären Geheimdienst geleitet.

Textgröße ändern:

Anzeige Bild