
Grüne wollen Wiedereinbürgerung einst geflüchteter Juden erleichtern

Die Grünen im Bundestag wollen die Wiedereinbürgerung von Juden erleichtern, die während des Nationalsozialismus ins Ausland flüchteten. Sie kündigten einen Gesetzentwurf an, um eine Lücke in der bisherigen Rechtslage zu schließen: Denn jüdische Emigranten, die im Ausland eine andere Staatsbürgerschaft annahmen, haben bislang nicht automatisch Anspruch auf Ausstellung eines deutschen Passes. Dies sei "völlig inakzeptabel", kritisierte die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat.
Die Grünen-Fraktion will deshalb nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, der am Montag der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Der Zentralrat der Juden begrüßte den Vorstoß und forderte die Regierungsfraktionen auf, den Grünen-Entwurf zu unterstützen. Zentralratspräsident Josef Schuster sprach von einem "Missstand", der mit dem Gesetzentwurf der Grünen "beendet werden" könne.
"In der Nazi-Zeit wurden tausende Deutsche in die Flucht getrieben oder ausgebürgert", erklärte Schuster. "Ihnen und ihren Nachkommen sollte Deutschland großherzig die Türen öffnen."
Die derzeitige Rechtslage stützt sich auf einen Passus im Grundgesetz, demzufolge jeder, der während der Nazi-Zeit "aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen" ausgebürgert wurde, Anspruch auf Wiedereinbürgerung hat. Dies gilt auch für die Nachfahren.
Allerdings hat diese Regelung Lücken. Fälle, in denen zum Beispiel ein Jude aus Angst vor Verfolgung ins Ausland flüchtete und dort eine neue Staatsbürgerschaft annahm, sind von der bisherigen Regelung nicht erfasst. Auch Nachfahren von nichtehelichen Kindern oder Nachfahren von Frauen, die mit einem Ausländer verheiratet waren und ausgebürgert wurden, haben keinen Anspruch auf Einbürgerung.
Alle diese Fälle wollen die Grünen mit einer Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes künftig erfassen. Es sei "irritierend", dass die Bundesregierung bei dem Thema bisher nicht zu einer langfristigen Lösung gekommen sei, erklärte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz.
"Dass Nachkommen von während der NS-Diktatur Verfolgten und zur Emigration Gezwungenen heute wieder deutsche Staatsangehörige werden wollen, sollte uns mit Dankbarkeit erfüllen", erklärte er. Die "rechtlichen Hindernisse" auf diesem Weg müssten beseitigt werden.
Ähnlich äußerte sich Zentralratspräsident Schuster. Es sei "ein großer Vertrauensbeweis für Deutschland, dass heute wieder vermehrt NS-Verfolgte und deren Kinder oder Enkel von NS-Verfolgten die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen möchten".
Der Grünen-Gesetzentwurf sieht vor, im Staatsangehörigkeitsgesetz einen Anspruch auf Einbürgerung zu verankern, der alle "Konstellationen" umfasst, "in denen nationalsozialistisches Unrecht gutzumachen ist". Über die Grünen-Initiative hatte zuerst die "Welt" berichtet.
(V.Sørensen--DTZ)