Deutsche Tageszeitung - Afghanen mit Aufnahmezusage in Pakistan: Strafanzeige gegen Dobrindt und Wadephul

Afghanen mit Aufnahmezusage in Pakistan: Strafanzeige gegen Dobrindt und Wadephul


Afghanen mit Aufnahmezusage in Pakistan: Strafanzeige gegen Dobrindt und Wadephul
Afghanen mit Aufnahmezusage in Pakistan: Strafanzeige gegen Dobrindt und Wadephul / Foto: © AFP

Hilfsorganisation haben den Druck auf die Bundesregierung erhöht, um Menschen aus Afghanistan mit Aufnahmezusage von Pakistan nach Deutschland zu holen. Pro Asyl und das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte stellten am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gegen Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Ihnen wird vor dem Hintergrund von Abschiebungen Geflüchteter aus Afghanistan durch die pakistanischen Behörden unter anderem unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen.

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"Von den pakistanischen Behörden abgeschobenen Afghanen und Afghaninnen drohen willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen oder gar Hinrichtungen", erklärte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith. "Diese Abschiebungen und die Gefährdung der Menschen sind Resultat deutschen Regierungshandelns. Statt den Menschen endlich die durch die Aufnahmezusagen versprochenen Visa zu erteilen, haben die deutschen Verantwortlichen sie immer weiter hingehalten, obwohl das Risiko der Abschiebungen bekannt war."

Die Bundesregierung hatte nach der Eroberung Afghanistans durch die radikalislamischen Taliban im August 2021 Aufnahmeprogramme gestartet. Damit sollten besonders stark gefährdeten Afghaninnen und Afghanen dauerhaft eine Aufnahme in Deutschland aus humanitären Gründen ermöglicht werden. Union und SPD vereinbarten in ihrem Koalitionsvertrag allerdings, die Aufnahmeprogramme "soweit wie möglich" zu beenden.

Der Initiative Kabul Luftbrücke zufolge, die sich für die Evakuierung bedrohter Afghaninnen und Afghanen einsetzt, befinden sich etwa 2300 Menschen mit rechtlich bindenden Aufnahmezusagen in Pakistan. Darunter sind demnach rund 1700 Frauen und Kinder.

"Die pakistanische Polizei sucht überall nach uns", sagte eine 27-jährige Frauenrechtsaktivistin aus Afghanistan am Freitag der Nachrichtenagentur AFP in Pakistans Hauptstadt Islamabad. Sie war vor einem Jahr nach einem Aufnahmeversprechen Deutschlands mit ihren beiden Söhnen und Ehemann nach Pakistan gekommen. Nachdem Freunde in einer anderen Unterkunft festgenommen worden seien, habe sie nun nächtelang nicht schlafen können. "Meine Kinder und ich sind krank geworden, wegen der Polizei können wir aber nicht zum Krankenhaus."

Ein 33-Jähriger, der drei Jahre für deutsche Hilfsorganisationen in Afghanistan gearbeitet hatte, ist seit 13 Monaten mit Frau und drei Kindern in Islamabad. Seit seinem Interview für die deutsche Sicherheitsüberprüfung vor sechs Monaten checke er mehrfach täglich seine E-Mail in der Hoffnung auf einen Ausreisebescheid. "In den vergangenen Tagen waren wir aus Furcht vor der Verhaftung durch die Polizei nur noch in Panik und Angst." Er bat Deutschland, seine Familie und ihn "nicht alleine lassen und sich nicht auf eine Zuschauerrolle zurückzuziehen".

Laut Pro Asyl hat Pakistan seit Mitte August mindestens 34 Afghaninnen und Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage in ihr Heimatland abgeschoben. In den Wochen zuvor seien über 400 afghanische Staatsangehörige mit Aufnahmezusage festgenommen worden.

Das Bundesinnenministerium bekräftigte, es liefen derzeit "Einzelfallprüfungen" für alle, die sich in Aufnahmeprogrammen befänden. Dabei gehe es zunächst um die Frage, ob es tatsächlich eine rechtsverbindliche Zusagen gebe. Sei dies der Fall, könnten die Menschen nach einer Sicherheitsüberprüfung "im Einzelfall aufgenommen" werden.

"Ehemalige afghanische Ortskräfte deutscher Regierungsorganisationen sind durch die Taliban besonders gefährdet", erklärte Alexander Fröhlich vom Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte. "Die Taliban betrachten sie als Feinde, an denen sie sich rächen wollen." Fröhlich zufolge befinden sich 300 Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusagen im Ortskräfteverfahrens aktuell in Pakistan."

Anlässlich des vierten Jahrestags der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan äußerte Wadephul "große Sorge" über die Lage noch in Pakistan verbliebenen Menschen aus den Aufnahmeprogrammen. "Vielen von ihnen droht die Abschiebung", erklärte der Minister. "Wir stehen mit der pakistanischen Regierung deshalb hochrangig in Kontakt." Ziel sei es, "schnell zu helfen".

Die Strafanzeige der Hilfsorganisationen gegen Wadephul und Dobrindt nennt neben unterlassener Hilfeleistung auch den Straftatbestand der Aussetzung nach Paragraf 221 Strafgesetzbuch. Dabei geht es um den Vorwurf, Menschen in eine hilflose Lage zu versetzen oder im Stich zu lassen. "Die Staatsanwaltschaft Berlin ist jetzt verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten", erklärte der Anwalt Robert Brockhaus, der die Strafanzeige verfasst hat.

(U.Stolizkaya--DTZ)

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