Deutsche Tageszeitung - Gericht lehnt Eilantrag gegen Zwangspause des britischen Parlaments ab

Gericht lehnt Eilantrag gegen Zwangspause des britischen Parlaments ab


Gericht lehnt Eilantrag gegen Zwangspause des britischen Parlaments ab
Gericht lehnt Eilantrag gegen Zwangspause des britischen Parlaments ab / Foto: ©

Im Streit um die Zwangspause für das britische Parlament hat Premierminister Boris Johnson einen ersten juristischen Sieg errungen. Ein Gericht in Edinburgh wies am Freitag einen Eilantrag schottischer Abgeordneter gegen die Zwangspause zurück. Kommende Woche findet aber noch eine Hauptverhandlung in der Sache statt. Johnson warnte die britischen Abgeordneten unterdessen vor einer Brexit-Blockade. Das Vertrauen in die Politik werde sonst "dauerhaft" Schaden nehmen.

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Johnson hatte dem britischen Parlament zwei Monate vor dem geplanten Brexit eine fast fünfwöchige Zwangspause verordnet. Königin Elizabeth II. stimmte am Mittwoch einem Antrag Johnsons zu, die traditionelle Parlamentspause im September bis zum 14. Oktober zu verlängern. Die Entscheidung gibt den Abgeordneten deutlich weniger Zeit, um einen ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober noch per Gesetz zu verhindern.

Viele Parlamentarier reagierten erzürnt und warfen Johnson vor, das Parlament und die Demokratie auszuhebeln. Für das Wochenende sind in vielen Städten Demonstrationen geplant. Eine Online-Petition gegen die Zwangspause wurde mittlerweile von mehr 1,6 Millionen Menschen unterzeichnet.

In London, Edinburgh und Belfast wurden zudem rechtliche Schritte eingeleitet. In Edinburgh beantragten 75 Abgeordnete eine Überprüfung der Zwangspause durch das höchste schottische Zivilgericht. Der Court of Session wies ihren Antrag auf eine einstweilige Verfügung am Freitag aber zurück. Er sehe derzeit nicht die "Notwendigkeit" für eine Eilentscheidung, erklärte der Richter. Er zog die Hauptverhandlung aber vom 6. auf den 3. September vor.

In Belfast reichte der Menschenrechtsaktivist Raymond McCord eine Klage gegen die Zwangspause ein. Nordirlands Hohes Gericht vertagte sich am Freitag auf den 3. September.

In London beantragte die Anti-Brexit-Aktivistin Gina Miller, die schon 2017 einen juristischen Erfolg im Ringen um den Brexit errungen hatte, eine Überprüfung der Zwangspause. Am Freitag kündigte der frühere konservative Premierminister John Major an, sich ihrer Klage anzuschließen. Die Verhandlung soll am 5. September stattfinden.

Miller hatte 2017 mit einer Klage erzwungen, dass Johnsons Vorgängerin Theresa May das britische Parlament in die Vorbereitung des EU-Austritts einbeziehen musste. Das von May ausgehandelte Austrittsabkommen wurde dann drei Mal vom Parlament abgelehnt. Johnson will sein Land notfalls auch ohne Abkommen aus der EU führen.

In einem Fernsehinterview warnte der Premierminister die Abgeordneten am Freitag eindringlich vor einer Brexit-Blockade. Wenn Großbritannien auf Betreiben des Parlaments nicht am 31. Oktober aus der EU austrete, werde das dem Vertrauen in die Politik "dauerhaft Schaden zufügen", sagte Johnson im Sender Sky News.

Johnson warf den Brexit-Gegnern zudem vor, seine Verhandlungsposition in Brüssel zu schwächen. Wenn sich die Überzeugung verfestige, dass der Brexit noch gestoppt und der EU-Austritt "durch das Parlament" verhindert werden könne, werde es "weniger wahrscheinlich, dass sie uns das Abkommen geben, das wir brauchen".

Am Donnerstagabend hatte der Premierminister darauf gedrängt, bei den Brexit-Gesprächen mit der EU "das Tempo zu erhöhen". Im September sollten sich die Unterhändler beider Seiten zwei Mal pro Woche treffen, forderte Johnson. Nur so bestehe die Möglichkeit einer Einigung vor dem 31. Oktober.

Die EU-Kommission erklärte, Brüssel sei bereit, "rund um die Uhr" zu arbeiten. Ein Sprecher mahnte aber "konkrete Vorschläge" aus London an. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas und sein irischer Kollege Simon Coveney forderten die britische Regierung auf, schnell Vorschläge vorzulegen. Bisher sei "nichts Glaubwürdiges von der britischen Regierung gekommen", sagte Coveney.

Johnson will, dass die EU auf die umstrittene Auffanglösung für Nordirland verzichtet, die Grenzkontrollen zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland verhindern soll. Brüssel will das Austrittsabkommen aber nicht mehr aufschnüren.

(I.Beryonev--DTZ)

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