Verbot des Abbrennens von Flächen in Brasilien zeigt bislang keine Wirkung
Das von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro zur Eindämmung der Regenwaldbrände erlassene Verbot des Abbrennens von Flächen ist bislang wirkungslos: Auf Satellitenaufnahmen des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung (Inpe) waren am Freitag und Samstag 3859 neue Brandherde zu sehen - rund 2000 davon im Amazonasbecken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bot Brasilien eine Zusammenarbeit zum Schutz des Amazonasgebiets an. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) schlug derweil eine Zertifizierung von Fleisch aus Brasilien vor, während die Grünen einen Importstopp für Fleisch und Soja aus Regenwald-Regionen forderten.
Von Januar bis Ende August wurden laut Inpe landesweit insgesamt 88.816 Feuer registriert, davon mehr als die Hälfte im Amazonasbecken. Das ist die höchste Zahl seit 2010, als im gesamten Jahr mehr als 132.000 Waldbrände gezählt wurden. Experten gehen davon aus, dass es sich im Amazonasbecken nicht um natürliche Feuer handelt. Einigen Beobachtern zufolge erfolgte das 60-tägige Verbot des Abbrennens von Flächen viel zu spät.
Nach einem Telefonat mit der Bundeskanzlerin schrieb Bolsonaro im Online-Dienst Twitter, er habe ein "produktives" Gespräch mit Merkel gehabt, die dabei nochmals die "Souveränität Brasiliens über unsere Amazonas-Region" bestätigt habe.
In der Debatte um eine Reaktion auf die verheerenden Waldbrände regte Bundesumweltministerin Schulze an, die Nachhaltigkeitsregeln des Freihandelsabkommens Mercosur zwischen der Europäischen Union und lateinamerikanischen Staaten um ein Zertifizierungssystem für Fleisch zu ergänzen. "Soja und Rindfleisch sollten nur dann importiert werden dürfen, wenn die Produktion nachweislich nicht dem Regenwald schadet", sagte Schulze dem "Spiegel".
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), anstatt Bolsonaro "mit einem Freihandelsabkommen zu belohnen", müsse die Bundesregierung sich in der EU für einen Importstopp für Produkte einsetzen, die den Regenwald zerstören.
In einem Beschlusspapier für die Klausurtagung der Fraktion kommende Woche fordern die Grünen laut RND klare Kriterien für waldzerstörende Agrarprodukte und wirkungsvolle Sanktionen. Die EU müsse "entwaldungsfreie Lieferketten" verbindlich durchsetzen. Das bedeute einen Importstopp für Produkte aus gerodeten Gebieten des Amazonas wie Soja und Rindfleisch sowie von Palmöl aus dem indonesischen Regenwald, heißt es demnach dem in dem Papier. Darin bekräftige die Fraktion ihre Forderung, das EU-Mercosur-Abkommen zu stoppen.
Der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Hoffmann, kritisierte Merkels Angebot an Brasilien zur Zusammenarbeit scharf. "Die Despotenhilfe der Bundesregierung für Jair Bolsonaro muss aufhören", forderte Hoffmann. Der brasilianische Präsident werde den Amazonas "nie und nimmer beschützen". Stattdessen solle Deutschland sich dem Hauptgeldgeber des Amazonas-Fonds, Norwegen, anschließen und die Zahlungen aussetzen. Die Gelder müssten nicht an eine Regierung, sondern direkt an die Bauern gehen.
Brasiliens ultrarechter Staatschef hatte zuvor die internationale Kritik an seiner Umweltpolitik zurückgewiesen. Auch die vom G7-Gipfel im französischen Biarritz bewilligte Soforthilfe hatte Bolsonaro zunächst abgelehnt. Deutschland und Frankreich warf er vor, die brasilianische Souveränität über die Amazonasregion mit den Hilfen in Höhe von 20 Millionen Dollar (18 Millionen Euro) "kaufen" zu wollen.
Später lenkte Bolsonaro ein und erklärte, unter bestimmten Bedingungen internationale Unterstützung zu akzeptieren. Seine Regierung müsse aber die Kontrolle über die Gelder haben.
Bolsonaro, der den menschengemachten Klimawandel anzweifelt, hat seit seinem Amtsantritt zu Jahresbeginn eine Reihe von Schritten veranlasst, die das Vordringen der in Brasilien sehr mächtigen Agrarwirtschaft in das wald- und artenreiche Amazonasgebiet erlauben. Brasilien spielt wegen seiner riesigen Waldgebiete eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Erderwärmung.
(M.Dylatov--DTZ)