Gefangenenaustausch weckt Hoffnung auf Entspannung im Ostukraine-Konflikt
Die Ukraine und Russland haben mit einem spektakulären Gefangenenaustausch Hoffnungen auf eine Entschärfung des Konflikts in der Ostukraine geweckt. "Wir haben den ersten Schritt getan", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, als er die ukrainischen Freigelassenen am Samstag auf dem Rollfeld in Kiew begrüßte. Nun müssten auch "alle anderen Schritte bis zum Ende dieses schrecklichen Krieges" folgen. Der Austausch wurde unter anderem von den USA und Frankreich begrüßt, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "hoffnungsvollen Zeichen".
Beide Seiten gaben je 30 Gefangene frei. Der prominenteste ukrainische Gefangene, der von Russland freigelassen wurde, ist der 43-jährige Filmemacher Oleg Senzow. Er verließ die Antonow-Maschine in Kiew mit einem Siegeszeichen und äußerte die Hoffnung, dass auch die verbleibenden Gefangenen bald freigelassen werden. Senzow war 2014 festgenommen worden und verbüßte in einer Strafkolonie im russischen Teil der Arktis eine 20-jährige Haftstrafe wegen "terroristischer Angriffe" auf der 2014 von Russland annektierten Krim-Halbinsel.
Freigelassen wurden auch alle 24 Ukrainer, die im November 2018 bei der Beschlagnahmung von drei Schiffen vor der Küste der Krim von der russischen Küstenwache festgenommen worden waren. Es handelt sich um 22 Seeleute und zwei SBU-Agenten. Moskau hatte ihnen ein Eindringen in russische Hoheitsgewässer vorgeworfen.
US-Präsident Donald Trump begrüßte den Gefangenenaustausch in einer Twitter-Kurzbotschaft als "sehr gute Nachricht", die sich als "erster Riesenschritt zum Frieden" erweisen könne. Das französische Präsidialamt erklärte, Deutschland und Frankreich würden im so genannten Normandie-Format verstärkt darauf hinwirken, dass die Minsker Abkommen zur Beilegung des Konflikts umgesetzt werden. Merkels Sprecher Steffen Seibert twitterte, es lohne sich, "weiter mit aller Kraft" an der Umsetzung dieser Vereinbarungen zu arbeiten.
Die niederländische Regierung versuchte nach Angaben von Außenminister Stef Blok vergeblich zu verhindern, dass auch der russische Luftabwehrspezialist Wladimir Zemach in den Gefangenenaustausch einbezogen wurde. Zemach ist nach den Erkenntnissen der niederländischen Ermittler einer der zentralen Zeugen für den Abschuss der malaysischen Passagiermaschine MH17 über der Ostukraine, bei dem im Juli 2014 alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder getötet wurden. Rund zwei Drittel der Opfer waren Niederländer.
Nach ukrainischen Angaben gab es keine Alternative zu seiner Freilassung: Wenn Zemach von der Liste der Freizulassenden gestrichen worden wäre, hätte Russland die Verhandlungen "automatisch" abgebrochen, sagte der Chef des ukrainischen Geheimdienstes SBU, Iwan Bakanow.
Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Kurt Volker, äußerte die Hoffnung auf eine "neue Dynamik" für den Austausch weiterer Gefangener, einen erneuerten Waffenstillstand und die vollständige Umsetzung der Minsker Abkommen. Zugleich forderte er von Moskau, die 2014 annektierte Halbinsel Krim an die Ukraine zurückzugeben.
Nach Berechnungen der ukrainischen Organisation Zentrum für Bürgerfreiheiten sind in Russland noch 90 Ukrainer inhaftiert, in den von prorussischen Separatisten besetzten Gebieten im Osten der Ukraine weitere 130 bis 220.
Noch im September ist ein Ukraine-Gipfel mit Merkel, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, Selenskyj und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geplant. Im Ukraine-Konflikt wurden seit 2014 rund 13.000 Menschen getötet.
(S.A.Dudajev--DTZ)