Besserverdienende wenden weniger Zeit für die Pflege ihrer Angehörigen auf
Je vermögender Menschen sind, desto weniger pflegen sie selbst ihre Angehörigen zu Hause. Auch pflegen Frauen deutlich häufiger als Männer, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) ergab. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wertete die hohe Zahl der pflegenden Frauen und den höheren Zeitaufwand für Pflege in ärmeren Haushalten als "klares Alarmsignal" und verwies auf die Gefahr von Altersarmut.
Rund die Hälfte der 3,4 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland wird zu Hause von Angehörigen versorgt. Der IW-Studie zufolge sind rund 61 Prozent der Pflegenden Frauen, knapp 39 Prozent Männer. Zugleich wenden Frauen im Schnitt 2,9 Stunden pro Woche für die Pflege auf, Männer 2,2 Stunden. Der Durchschnitt liegt bei 2,6 Stunden.
Pflegende Angehörige sind zudem nur selten junge Menschen. Nur knapp sechs Prozent sind jünger als 30 Jahre. Die meisten Angehörigen, die ein Familienmitglied pflegen, sind zwischen 30 und 60 Jahre alt, wie die IW-Berechnungen auf Grundlage der Einkommens- und Vermögensdaten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zeigen.
Zudem ergab die Studie, dass Menschen aus der obersten Nettovermögensgruppe nur rund zwei Stunden pro Woche pflegen. Bei Haushalten mit geringem Nettovermögen sind es knapp vier Stunden pro Woche.
"Unabhängig von Einkommen und Vermögen leisten Angehörige Pflege aus Empathie, Liebe oder auch gefühlter Verpflichtung", erklärte IW-Wissenschaftlerin Susanna Kochskämper. "Nur der Umfang wird geringer, je vermögender die Angehörigen sind." Haushalte mit höherem Nettovermögen könnten sich eher zusätzliche Hilfe durch externe Dienstleister leisten.
"Oft geht der Einsatz der pflegenden Frauen zu Lasten ihrer Berufstätigkeit", sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer der Nachrichtenagentur AFP. "Die Folge ist dann im schlimmsten Fall Altersarmut." Nötig seien "zielgenaue Hilfsmaßnahmen", um die Betroffenen besser zu unterstützten.
Die pflegepolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Pia Zimmermann, erklärte, selbst die Zahlen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft beweisen, "dass ein geringes Einkommen mehr persönliche Pflegeleistung bedeutet". Das bringe auch Einschränkungen in der persönlichen Lebensgestaltung mit sich. "Professionelle und qualitative Pflege darf nicht zum Privileg reicherer Haushalte werden", mahnte Zimmermann.
(U.Beriyev--DTZ)