Seehofer vorsichtig optimistisch bei Suche nach Lösung für Flüchtlingsaufnahme
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich mit Blick auf eine europäische Lösung bei der Flüchtlingsaufnahme vorsichtig optimistisch gezeigt. "Für mich ist das Wichtigste, dass wir endlich den jahrelangen Kampf um ein Asylrecht in Europa ein Stück nach vorne bringen", sagte Seehofer am Montag bei einem Treffen mit EU-Kollegen in Maltas Hauptstadt Valetta. Zuvor hatten die maltesischen und italienischen Behörden erstmals wieder Flüchtlingsrettungsschiffen die Einfahrt in ihre Häfen erlaubt.
An dem Treffen in Malta nehmen die Innenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Maltas sowie die finnische EU-Ratspräsidentschaft teil. Sie hoffen auf einen festen Mechanismus zur Verteilung von Flüchtlingen, die über Libyen und das Mittelmeer nach Italien und Malta kommen.
Seehofer hatte in diesem Zusammenhang die Aufnahme von einem Viertel der geretteten Flüchtlinge aus Italien durch Deutschland in Aussicht gestellt. Frankreich könnte ein weiteres Viertel übernehmen. Außerdem haben Kroatien, Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg und Portugal ihre Beteiligung zugesagt. Seehofer hofft, dass sich bei einem EU-Innenministertreffen am 8. Oktober weitere Staaten zur Aufnahme von im Mittelmeer geretteten Menschen bereit erklären.
Eine derartige automatische Verteilungsregelung wäre nur eine Übergangslösung, bis das derzeitige System, das sogenannte Dublin-Verfahren, überarbeitet werden kann. Kritiker argumentieren seit langem, dass das Verfahren die Mittelmeerländer Italien, Malta, Griechenland und Spanien ungerecht belastet. "Europa muss besser vorbereitet sein und an der Seite von maßgeblich betroffenen Ländern (...) stehen", sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos in Malta.
Indes hatte Italiens neue Regierung am Sonntag zum zweiten Mal innerhalb einer Woche Flüchtlinge von Bord eines Schiffs der Hilfsorganisation SOS Méditerranée an Land gelassen. Die "Ocean Viking" erhielt grünes Licht für die Einfahrt in den Hafen der sizilianischen Stadt Messina. Die 182 Menschen an Bord des Schiffes waren nach Angaben der Hilfsorganisationen am Mittwoch vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet worden.
Am Freitag waren laut SOS Méditerranée bereits 35 Menschen von Bord der "Ocean Viking" auf ein maltesisches Militärschiff und dann in Malta an Land gebracht worden, nachdem sie tags zuvor in der maltesischen Such- und Rettungszone gerettet worden waren. Italien hatte davor bereits 82 Flüchtlinge an Bord der "Ocean Viking" in Lampedusa an Land gehen lassen.
Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz beklagte mit Blick auf diese Entwicklung eine "Umkehr in der Migrationspolitik". Wieder "mehr offene Grenzen" und "offene Häfen" seien "keine sehr richtigen Signale in Richtung Afrika und in Richtung der Schlepper", sagte Kurz der "Bild". Gleichzeitig kritisierte er den Beschluss der Bundesregierung, jeden vierten im Mittelmeer geretteten Flüchtling aus Italien aufnehmen zu wollen: "Wenn Menschen im Mittelmeer gerettet werden, sollten wir alles tun, sie in ihre Herkunftsländer zurückzustellen."
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn wies Kritik zurück: "Wenn einfach immer ein Pull-Effekt angenommen wird, dann wäre die Alternative von vorne herein, die Menschen ertrinken zu lassen," sagte er der "Welt am Sonntag". Es gebe eine "Logik der Humanität", der Europa folgen sollte. Ähnlich wie Hilfsorganisationen wie SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen forderte der Luxemburger einen Verteilmechanismus sowie ein Seenotrettungsprogramm der EU.
In den vergangenen Monaten mussten Schiffe mit Flüchtlingen tage- oder gar wochenlang auf die Einfahrt in einen europäischen Hafen warten, weil Italien und Malta das Anlegen verweigerten. Die neue Regierung Italiens hat den vorher harten Anti-Migrationskurs des rechtsradikalen Ex-Innenministers Matteo Salvini abgemildert. Eine europäische Zusammenarbeit bei der Verteilung von Flüchtlingen wäre ein weiterer Erfolg gegen Salvini und seine Lega-Partei.
(V.Sørensen--DTZ)