Deutsche Tageszeitung - Wilders' PVV und Mitte-Partei nach Niederlande-Wahl fast gleichauf - Zähe Verhandlungen erwartet

Wilders' PVV und Mitte-Partei nach Niederlande-Wahl fast gleichauf - Zähe Verhandlungen erwartet


Wilders' PVV und Mitte-Partei nach Niederlande-Wahl fast gleichauf - Zähe Verhandlungen erwartet
Wilders' PVV und Mitte-Partei nach Niederlande-Wahl fast gleichauf - Zähe Verhandlungen erwartet / Foto: © ANP/AFP

Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden liegen die PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders und die sozialliberale Mitte-Partei D66 jüngsten Hochrechnungen zufolge beinahe gleichauf. Nach Auszählung von 99,7 Prozent der Stimmen kamen beide am Donnerstag auf jeweils 26 der 150 Sitze im Parlament - die Sozialliberalen führten dabei mit nur wenigen tausend Stimmen. Da alle großen Parteien eine Zusammenarbeit mit Wilders ausgeschlossen haben, wird eine schwierige Regierungsbildung erwartet. Analysten halten eine große Koalition unter D66-Chef Rob Jetten für die wahrscheinlichste Option.

Textgröße ändern:

Zuvor hatte eine auf Nachwahlbefragungen beruhende Prognose die D66 mit 27 Sitzen leicht vor der PVV mit 25 Sitzen gesehen. Der Abstand zwischen den beiden Parteien ist so knapp, dass die Auslandsstimmen den Ausschlag geben könnten. Bis das offizielle Endergebnis fest steht, kann es mehrere Tage dauern.

Die Parlamentswahl im Jahr 2023 hatte Wilders' PVV gewonnen. Sie erreichte damals 37 Sitze. Sollte sich die Hochrechnung nun bestätigen, würde die PVV elf Sitze verlieren.

Die liberale Partei VVD erzielte laut der Hochrechnung 22 Sitze, die linksgerichtete Groenlinks/PvdA kam auf 20 Sitze. Ihr Vorsitzender, der EU-Klimakommissar Frans Timmermans, trat noch am Abend zurück. Die Mitte-Rechts-Partei CDA kommt demnach auf 18 Sitze.

Vor dem Hintergrund des aktuellen Erfolgs rechtsextremer Parteien in mehreren Ländern Europas wurde mit Spannung auf das Abschneiden der anti-islamischen Partei von Wilders geschaut. Doch auch wenn die PVV Stimmen einbüßte - andere Parteien am rechten Rand konnten bei der Wahl punkten: Die Unterstützung für das rechtspopulistische Forum für Demokratie (FvD) verdoppelte sich von drei auf sieben Sitze. Auch der konservativ-nationalistischen JA21, die sich von der FvD abgespalten hatte, gelang ein Zuwachs von einem auf neun Sitze.

"Die radikale Rechte als Ganzes hat angesichts der Zuwächse für JA21 und FvD nicht wirklich an Stimmen verloren", sagte die Politologin Sarah de Lange von der Universität Leiden der Nachrichtenagentur AFP.

Analysten rechnen nun mit langwierigen und zähen Koalitionsverhandlungen. Für eine Mehrheit im niederländischen Parlament sind 76 Sitze nötig. Als wahrscheinlichste Option erscheint laut Analysten eine große Koalition aus D66, VVD, CDA und Groenlinks/PvdA. Demnach hat der erst 38 Jahre alte D66-Spitzenkandidat Jetten gute Chancen, nächster Regierungschef zu werden.

"Die Parteien sind ideologisch sehr, sehr unterschiedlich, was Kompromisse sehr schwierig machen wird", gab de Lange zu bedenken. Es werde sicher "einige Zeit" dauern, bis das Land "Stabilität" erreichen und eine neue Koalition bilden könne.

Die Wählerin Sanne-Louisa de Bruin zeigte sich "erleichtert angesichts dieses Ergebnisses". "Ich denke, wir haben jetzt eine Grundlage für eine Koalition, die tatsächlich in der Lage ist, wichtige Probleme in den Niederlanden zu lösen", sagte die 37-Jährige der AFP in Amsterdam. "Ich hoffe, dass der Rest Europas folgt."

Nach Bekanntwerden der Hochrechnungen war im Lager der Sozialliberalen Jubel ausgebrochen, Anhänger Jettens schwenkten niederländische und EU-Flaggen. "Dies ist ein historisches Wahlergebnis, denn wir haben nicht nur den Niederlanden, sondern auch der Welt gezeigt, dass es möglich ist, populistische und rechtsextreme Bewegungen zu besiegen", sagte Jetten vor Journalisten.

"Die Wähler haben gesprochen. Wir hatten auf ein anderes Ergebnis gehofft, aber wir sind uns treu geblieben", erklärte seinerseits Wilders nach der Wahl in Onlinediensten.

Die Wähler konnten sich bei der Stimmabgabe zwischen insgesamt 27 Parteien entscheiden. Die wichtigsten Themen im Wahlkampf waren Migration und die Wohnungskrise, von der in dem dicht besiedelten Land vor allem junge Menschen betroffen sind.

Die vorgezogene Parlamentswahl war nötig geworden, weil Wilders die vorherige Vier-Parteien-Koalition im Juni im Streit um eine strengere Asylpolitik hatte platzen lassen und seine PVV aus der Regierung zurückgezogen hatte. Danach schlossen die anderen großen Parteien eine erneute Koalition mit der PVV aus.

(G.Khurtin--DTZ)

Empfohlen

Macron gibt Startschuss für Bau von neuem Flugzeugträger für Frankreich

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat den Startschuss für den Bau eines neuen Flugzeugträgers gegeben, der 2038 in Dienst gestellt werden und den in die Jahre kommenden Flugzeugträger "Charles de Gaulle" ersetzen soll. Nach einer "umfassenden und sorgfältigen Prüfung" habe er beschlossen, "Frankreich mit einem neuen Flugzeugträger auszustatten", verkündete Macron bei einem Besuch französischer Soldaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten am Sonntag.

Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha: Hunderttausende Menschen vertrieben

Hunderttausende Menschen sind offiziellen Angaben zufolge im wiederaufgeflammten Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand in beiden Ländern vertrieben worden. In Kambodscha seien mehr als 518.000 Menschen vor thailändischen Angriffen geflohen, erklärte das Innenministerium in Phnom Penh am Sonntag. Nach Angaben aus Bangkok wurden auf thailändischer Seite rund 400.000 Menschen vertrieben. Beide Staaten erklärten, dass ein Treffen der südostasiatischen Außenminister am Montag in Malaysia voraussichtlich zur Entspannung der Lage beitragen werde.

Ukraine-Diplomatie weiter auf Hochtouren - Kreml dementiert aber Direkt-Gespräche mit Ukraine

Kurz vor Weihnachten laufen die Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs weiter auf Hochtouren: Wenige Tage nach den Ukraine-Treffen in Berlin gingen die Gespräche am Wochenende im US-Bundesstaat Florida weiter. Der Kreml dementierte allerdings Informationen aus Kiew, wonach es dabei erstmals seit einem halben Jahr wieder direkte Gespräche zwischen Unterhändlern der Ukraine und Russlands geben sollte.

Israels Regierung genehmigt 19 neue Siedlungen im Westjordanland

Im von Israel besetzten Westjordanland soll die Zahl der umstrittenen israelischen Siedlungen weiter zunehmen: Das israelische Sicherheitskabinett hat der Gründung von 19 neuen Siedlungen zugestimmt. Ein entsprechender Vorschlag des rechtsextremen Finanzministers Bezalel Smotrich und von Verteidigungsminister Israel Katz sei vom Sicherheitskabinett angenommen worden, teilte Smotrichs Büro am Sonntag mit. Die Zahl der seit drei Jahren genehmigten Siedlungen in dem Palästinensergebiet stieg damit auf 69.

Textgröße ändern: