Deutsche Tageszeitung - Washington wartet auf Veröffentlichung des Selenskyj-Gesprächs durch Trump

Washington wartet auf Veröffentlichung des Selenskyj-Gesprächs durch Trump


Washington wartet auf Veröffentlichung des Selenskyj-Gesprächs durch Trump
Washington wartet auf Veröffentlichung des Selenskyj-Gesprächs durch Trump / Foto: ©

Washington hat am Mittwoch gebannt auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Veröffentlichung des Gesprächs mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gewartet. Die Affäre um die Inhalte des Telefonats sorgten am Vortag für einen Paukenschlag: Die oppositionellen Demokraten im US-Kongress leiteten erste Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein. Die Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sagte, Trump habe mit seinen Handlungen "Verrat an seinem Amtseid" und an der "nationalen Sicherheit" begangen.

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Trump soll in einem Telefonat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bedrängt haben und die Freigabe von US-Militärhilfen an die Lieferung von belastendem Material über den Sohn seines demokratischen Rivalen Joe Biden geknüpft haben. Der US-Präsident bestreitet dies und spricht von einer "Hexenjagd".

Er kündigte am Dienstag auf dem Onlinedienst Twitter an, am folgenden Tag eine vollständige und unredigierte Mitschrift des Gesprächs veröffentlichen lassen zu wollen. Sein Telefonat mit Selenskyj sei "völlig angemessen" gewesen. Er habe keinerlei "Druck" ausgeübt.

"Der Präsident muss zur Verantwortung gezogen werden", sagte Oppositionsführerin Pelosi. "Niemand steht über dem Gesetz." Nach Pelosis Angaben sollen sechs Ausschüsse des von den Demokraten dominierten Repräsentantenhauses gemeinsam die Untersuchung zu einer möglichen Amtsenthebung Trumps führen.

Die US-Demokraten verlangen außerdem die Veröffentlichung der internen Beschwerde eines Geheimdienstmitarbeiters, der sich besorgt über das Telefonat geäußert und damit den Fall ins Rollen gebracht hatte. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, der Demokrat Adam Schiff, kündigte an, der Geheimdienstmitarbeiter könnte bald vor dem Ausschuss aussagen.

Laut US-Medienberichten hatte Trump in dem Telefonat Informationen über Hunter Biden angefordert. Der Sohn des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers und ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden arbeitete früher für ein ukrainisches Gasunternehmen. In der Firma soll es Fälle von Korruption gegeben haben, Hunter Biden wurden aber nie persönlich Vorwürfe gemacht.

Die Entscheidung, keine 14 Monate vor der US-Präsidentschaftswahl vom November 2020, ein Amtsenthebungsverfahren anzustrengen, birgt enorme politische Sprengkraft. Zugleich gelten die Erfolgsaussichten als gering.

Die Demokraten haben es mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus in der Hand, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump auf den Weg zu bringen. Sollte die angekündigte Untersuchung zu dem Schluss kommen, dass die Vorwürfe gegen Trump zutreffen, könnte das Repräsentantenhaus eine formelle Beschuldigung des Präsidenten beschließen - dies wäre das sogenannte Impeachment.

Die Entscheidung über eine mögliche Absetzung Trumps läge dann allerdings bei der anderen Kongresskammer, dem Senat. Dort sind Trumps Republikaner in der Mehrheit. Auch wird im Senat eine Zweidrittelmehrheit gebraucht, um einen Präsidenten aus dem Amt zu entfernen. Eine solche Mehrheit dürfte kaum zustande kommen.

Bei den US-Demokraten hatte es schon lange Forderungen gegeben, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten, unter anderem wegen des Vorwurfs der Justizbehinderung im Zusammenhang mit der Russland-Affäre. Bislang war Pelosi dagegen. Sie fürchtet, ein solches Verfahren könne letztlich Trump helfen, bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 seine Wähler zu mobilisieren. Ähnlich äußerte sich am Dienstag Trump selbst.

Der 76-jährige Biden ist der Favorit für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten und könnte im kommenden Jahr Trumps Herausforderer werden.

In der US-Geschichte gab es bislang nur zwei Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidenten, gegen Andrew Johnson im 19. Jahrhundert und gegen Bill Clinton im Jahr 1998. Beide Verfahren schlugen fehl. In einem dritten Fall kam Präsident Richard Nixon 1974 seiner drohenden Absetzung wegen der Watergate-Affäre durch seinen Rücktritt zuvor.

(M.Dylatov--DTZ)