Deutsche Tageszeitung - Medien: Vorwurf der "Rebellion" gegen Katalanen-Anführer fallen gelassen

Medien: Vorwurf der "Rebellion" gegen Katalanen-Anführer fallen gelassen


Medien: Vorwurf der "Rebellion" gegen Katalanen-Anführer fallen gelassen
Medien: Vorwurf der "Rebellion" gegen Katalanen-Anführer fallen gelassen / Foto: ©

Im Prozess gegen katalanische Unabhängigkeitsbefürworter haben die Richter Medienberichten zufolge den Vorwurf der "Rebellion" fallen gelassen. Neun Angeklagte sollen jedoch wegen "Aufruhrs" verurteilt werden, was langjährige Haftstrafen bedeuten könnte, wie unter anderem die spanische Zeitung "El País" unter Berufung auf Gerichtsquellen berichtete. Das Urteil, das am Montag verkündet werden könnte, wird mit Spannung erwartet. Befürchtet werden erneute gewaltsame Auseinandersetzungen in der Region.

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Wie spanische Medien berichteten, fiel das Urteil der sieben Richter an Spaniens Oberstem Gerichtshof einstimmig. Dass der Richterspruch vor der offiziellen Verkündung Anfang nächster Woche bekannt wurde, stieß auf scharfe Kritik. Die Verteidigung von drei der Angeklagten drückte in einer Mitteilung ihr "absolutes Erstaunen" über das "mutmaßliche Leck" bei Gericht aus.

Sollten sich die Berichte bestätigen, wonach eine Verurteilung wegen "Aufruhrs" mit "sehr harten Strafen von mehr als zehn Jahren Gefängnis für manche" zu erwarten sei, dann sei dies ein "offensichtlicher Verstoß gegen die Geheimhaltung der Beratungen", hieß es in der Mitteilung weiter.

Auch der frühere Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont, kritisierte den Vorfall. Er sprach im Onlinedienst Twitter von einem "Mangel an Respekt" und einer "Verletzung der Rechte" der Angeklagten. Puigdemont hatte sich durch seine Flucht ins Exil der Strafverfolgung in Spanien entzogen.

Der Vorsitzende Richter Manuel Marchena betonte am Samstag, das Urteil sei erst rechtskräftig, wenn es von allen Richtern unterschrieben wurde. Er weigerte sich, Einzelheiten der Medienberichte zu bestätigen.

Der Mammut-Prozess gegen die führenden Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung hatte im Februar begonnen und spaltete das Land. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben. Gegen neun der insgesamt zwölf Angeklagten stand der Vorwurf der "Rebellion" im Raum, worauf bis zu 25 Jahre Haft stehen.

Nach dem Referendum hatte der damalige Regionalpräsident Puigdemont die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien erklärt. In der Folge kam es zu Spaniens schlimmster politischer Krise seit Jahrzehnten. Die Zentralregierung stellte die Region unter Zwangsverwaltung und ließ zahlreiche Unabhängigkeitsbefürworter inhaftieren.

Der Vorwurf der "Rebellion" ist umstritten: Gemäß dem spanischen Strafrecht setzt "Rebellion" voraus, dass Gewalt eingesetzt oder zumindest zu ihr aufgerufen wurde. Während die Staatsanwaltschaft das als gegeben ansieht, wird es von der Verteidigung entschieden bestritten.

Nach der Flucht Puigdemonts ist der ehemalige Vize-Regionalpräsident Oriol Junqueras der Hauptangeklagte. Ebenfalls auf der Anklagebank sitzen die ehemalige Präsidentin des katalanischen Regionalparlaments, Carmen Forcadell, sowie Jordi Sànchez, Ex-Chef der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), und Jordi Cuixart, Leiter der Kulturvereinigung Omnium Cultural.

Das Urteil, das am Montag verkündet werden könnte, wird mit Spannung erwartet. Befürchtet werden erneute gewaltsame Auseinandersetzungen wie im Vorfeld des Referendums 2017. Die Polizei hat Verstärkung nach Katalonien geschickt, die Befürworter der Unabhängigkeit kündigten für den Fall einer Verurteilung eine Kampagne des "zivilen Ungehorsams" an.

Für den Abend nach der Urteilsverkündung haben die Katalanische Nationalversammlung (ANC) und die Kulturvereinigung Omnium Cultural zu Kundgebungen in der gesamten Region aufgerufen. Demonstranten in fünf Städten werden zu einem Sternmarsch aufbrechen, der am Freitag in Barcelona mit einem Generalstreik enden soll.

Die Zentralregierung hofft, nach der Urteilsverkündung den politischen Dialog mit Vertretern der wohlhabenden Region im Nordosten des Landes wieder aufnehmen zu können. Die Unabhängigkeitsbewegung setzt im Gegenteil darauf, dass die zu erwartenden Schuldsprüche ihre Anhänger einen und mehr Menschen für die Unabhängigkeit Kataloniens auf die Straße treiben werden.

(W.Novokshonov--DTZ)

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