
Spanisches Gericht verurteilt Katalanen-Anführer zu langjährigen Haftstrafen

Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat neun Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung am Montag zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Neun der zwölf Angeklagten wurden wegen "Aufruhrs" und Veruntreuung öffentlicher Gelder am Montag zu Gefängnisstrafen zwischen neun und 13 Jahren verurteilt. Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont kritisierte das Urteil als "Ungeheuerlichkeit". Nach der Urteilsverkündung wurden Proteste der Unabhängigkeitsbefürworter erwartet.
Gegen neun Angeklagte hatte zunächst auch der Vorwurf der "Rebellion" im Raum gestanden, auf den 25 Jahre Haft gestanden hätten. Die Richter sahen den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf aber nicht als erwiesen an. Dafür wäre der Aufruf zur Gewalt maßgebend gewesen.
Die höchste Strafe erhielt der frühere katalanische Vize-Regionalpräsident Oriol Junqueras mit 13 Jahren Haft. Die frühere Präsidentin des katalanischen Regionalparlaments, Carme Forcadell, wurde zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Gegen drei weitere Angeklagte wurden Geldstrafen in Höhe von 60.000 Euro verhängt.
Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, Symbolfiguren der Unabhängigkeitsbewegung, wurden zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt. Sie sind die Köpfe der zivilen Organisationen, die seit Jahren die Massen in Spanien für die Unabhängigkeit Kataloniens mobilisieren. Sànchez leitete die Katalanische Nationalversammlung (ANC), Cuixart steht an der Spitze der Kulturvereinigung Omnium Cultural.
Junqueras kündigte an, die katalanische Unabhängigkeitsbewegung werde "noch stärker" zurückkommen - "heute ist nichts vorbei". "Habt keinen Zweifel, wir werden zurückkehren und wir werden gewinnen", erklärte er in einem Schreiben an seine Unterstützer.
"Insgesamt 100 Jahre Gefängnis. Eine Ungeheuerlichkeit. Wir sind an eurer Seite und an der eurer Familien", schrieb Ex-Regionalpräsident Puigdemont, der sich durch seine Flucht ins Exil nach Brüssel der Strafverfolgung in Spanien entzogen hatte, im Kurzbotschaftendienst Twitter. Nun müsse reagiert werden wie nie zuvor. "Für die Zukunft unserer Söhne und Töchter", fügte er hinzu.
Da die Befürworter der Unabhängigkeit Kataloniens für den Fall einer Verurteilung eine Kampagne des "zivilen Ungehorsams" angekündigt hatten, werden in Spanien gewaltsame Auseinandersetzungen wie im Vorfeld des Referendums 2017 befürchtet. Die spanische Regierung hatte im Vorfeld bereits die Polizeipräsenz in der Region Katalonien verstärkt, wollte jedoch keine Zahlen über die eingesetzten Einsatzkräfte nennen.
Die Katalanische Nationalversammlung und Omnium Cultural hatten für Montagabend zu Kundgebungen in der gesamten Region aufgerufen. Demonstranten in fünf Städten sollen zu einem Sternmarsch aufbrechen, der am Freitag in Barcelona mit einem Generalstreik enden soll.
Auch das Komitee zur Verteidigung der Republik (CDR) kündigte "Überraschungsaktionen" an. Aktivisten des Bündnisses hatten am Sonntag bereits den Bahnhof von Barcelona besetzt und den Verkehr auf einer der Hauptstraßen blockiert.
Der Mammut-Prozess gegen die führenden Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung hatte im Februar begonnen und spaltete das Land. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, im Oktober 2017 ein von der spanischen Justiz als illegal eingestuftes Unabhängigkeitsreferendum organisiert zu haben.
Nach dem Referendum hatte der damalige Regionalpräsident Kataloniens, Puigdemont, die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien erklärt. In der Folge kam es zu Spaniens schlimmster politischer Krise seit Jahrzehnten. Die Zentralregierung stellte die Region unter Zwangsverwaltung und ließ zahlreiche Unabhängigkeitsbefürworter inhaftieren.
In Spanien wird am 10. November ein neues Parlament gewählt. Die Regierung des geschäftsführenden spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez hoffte zuletzt, das Ende des Gerichtsprozesses könne dem Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern neuen Antrieb geben. Die Partei von Junqueras, die Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), betonte jedoch, ohne eine "Amnestie" für die "politischen Gefangenen und Exilanten" sei dies unmöglich.
(M.Dylatov--DTZ)