Deutsche Tageszeitung - Syrische Regierung schickt Truppen an türkische Grenze

Syrische Regierung schickt Truppen an türkische Grenze


Syrische Regierung schickt Truppen an türkische Grenze
Syrische Regierung schickt Truppen an türkische Grenze / Foto: ©

Nach dem Abzug der US-Soldaten aus Nordsyrien hat die syrische Regierung auf Bitten der kurdischen Autonomieverwaltung Truppen an die türkische Grenze geschickt. Die syrischen Regierungstruppen rückten am Montag unter dem Applaus von Einwohnern in die Stadt Tal Tamr ein, wie AFP-Reporter berichteten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betonte aber, die Türkei wolle die Kontrolle über die Städte Manbidsch und Kobane übernehmen.

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Die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad wurden bei ihrer Ankunft in Tal Tamr von jubelnden Einwohnern begrüßt. Das Staatsfernsehen zeigte eine Menge, die syrische Flaggen schwenkte und Porträts von Assad hochhielt. Tal Tamr liegt 30 Kilometer von der Grenzstadt Ras al-Ain entfernt, wo es seit Beginn der türkischen Offensive gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) heftige Gefechte gibt.

Da die YPG gegenüber der türkischen Armee zunehmend an Gelände verlor, verkündete die Verwaltung der autonomen Kurdenregion am Sonntagabend nach Vermittlung durch Russland eine Einigung mit der Assad-Regierung. "Um diese Aggression zu verhindern und sich ihr entgegenzustellen, wurde mit der syrischen Regierung eine Vereinbarung erzielt" zur Entsendung von Truppen an die türkische Grenze, erklärte die Autonomieverwaltung.

Die Kurden hatten unter Führung der Partei der Demokratischen Union (PYD) seit 2012 eine eigene Verwaltung mit eigenen Schulen und Sicherheitskräften aufgebaut. Assad duldete dies lange, da sich die Kurden nicht am Kampf der Rebellen beteiligten. Der Türkei ist die kurdische Autonomie aber seit langem ein Dorn im Auge, da die YPG eng verbunden ist mit den Rebellen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der Türkei.

Die YPG wurde über Jahre von den USA im Kampf gegen die Dschihadisten des Islamischen Staats (IS) mit Waffen, Luftangriffen und Spezialkräften unterstützt. Nach einem Telefonat mit Erdogan Anfang Oktober kündigte US-Präsident Donald Trump aber den Rückzug der US-Truppen an. Damit machte er den Weg frei für die türkische Offensive zur Schaffung einer "Sicherheitszone" entlang der türkischen Grenze in Nordsyrien.

Am Sonntag verkündete US-Verteidigungsminister Mark Esper, tausend Soldaten aus Nordsyrien abzuziehen, da sie sonst zwischen die Fronten geraten würden. "Dies ist ein positives Vorgehen", sagte Erdogan am Montag. Zugleich machte er klar, dass die Türkei weiterhin anstrebe, mit verbündeten syrisch-arabischen Milizen von der YPG die Kontrolle über die nordsyrischen Städte Manbidsch und Kobane zu übernehmen.

Eine regierungsnahe Zeitung in Damaskus hatte zuvor berichtet, die Assad-Truppen sollten auch nach Manbidsch und Kobane entsandt werden. Erdogan sagte aber zu Manbidsch, "unsere arabischen Brüder, die Stämme, die die wahren Eigentümer sind, werden dorthin zurückkehren". Er lobte auch das "positive Vorgehen Russlands" in Kobane, weshalb es dort keine Probleme bei einer türkischen Offensive geben werde.

Auch am sechsten Tag der Offensive gab es weiter heftige Kämpfe in Ras al-Ain und anderen Orten. Mehr als 130.000 Menschen wurden in die Flucht getrieben. Nach Zählung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden auf syrischer Seite 121 YPG-Kämpfer und 60 Zivilisten getötet, während vier türkische Soldaten und 86 verbündete Milizionäre starben. Auch 18 Zivilisten wurden auf türkischer Seite getötet.

International stößt der türkische Angriff weiter auf scharfe Kritik. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte bei einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg, wenn ein Dialog mit der Türkei keinen Erfolg habe, "wird man sich auch weitere Maßnahmen vorbehalten müssen". Frankreich hat sich bereits für EU-Sanktionen ausgesprochen, während Schweden und Italien ein EU-weites Waffenembargo gegen die Türkei forderten.

(U.Stolizkaya--DTZ)

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