Deutsche Tageszeitung - Schwere Unruhen in Chile dauern auch nach Verhängung des Ausnahmezustands an

Schwere Unruhen in Chile dauern auch nach Verhängung des Ausnahmezustands an


Schwere Unruhen in Chile dauern auch nach Verhängung des Ausnahmezustands an
Schwere Unruhen in Chile dauern auch nach Verhängung des Ausnahmezustands an / Foto: ©

Auch nach der Verhängung des Ausnahmezustandes und einer Ausgangssperre reißen die Proteste in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile nicht ab. Am Sonntag lieferten sich Demonstranten und Polizei erneut gewaltsame Auseinandersetzung. Zwei Menschen waren in der Nacht gestorben, als ein Supermarkt im Süden Santiagos geplündert wurde und in Brand geriet. Zunächst war von drei Toten die Rede gewesen.

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Vermummte Demonstranten gerieten am Sonntag im Zentrum der chilenischen Hauptstadt erneut mit Polizisten aneinander, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

Die Proteste in Chile waren durch eine Erhöhung der Ticketpreise für den öffentlichen Nahverkehr ausgelöst worden. Nach ersten Zusammenstößen am Freitag gab es auch am Folgetag heftige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

In verschiedenen Stadtteilen von Santiago errichteten Demonstranten am Samstag Barrikaden, es gab Zusammenstöße mit der Polizei. Diese gingen mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Protestierenden vor.

Der konservative Präsident Sebastián Piñera räumte ein, es gebe "gute Gründe" für die Proteste und nahm die Fahrpreiserhöhung für die U-Bahn zurück. Die Regierung mobilisierte 9500 Sicherheitskräfte. Es war das erste Mal seit dem Ende der Diktatur unter General Augusto Pinochet 1990, dass in der chilenischen Hauptstadt Militär patrouillierte. Zuvor hatte Piñera bereits den Ausnahmezustand für Santiago ausgerufen. Das Militär verhängte eine Ausgangssperre für die gesamte Stadt.

In der Nacht zum Sonntag drangen nach Angaben der Feuerwehr dann hunderte Menschen in den Supermarkt Líder im Süden Santiagos ein, der zur US-Kette Walmart gehört. Bei einem Brand in dem Supermarkt kamen zwei Frauen ums Leben. Zunächst hatten die Behörden von drei Toten gesprochen. Das dritte mutmaßliche Todesopfer überlebte jedoch, wie das Innenministerium am Sonntag mitteilte. Der Mann habe aber schwerste Verbrennungen erlitten.

Bei den Protesten, die unter dem Hashtag #ChileDesperto ("Chile erwacht") Zulauf fanden, geht es auch um die Kluft zwischen Arm und Reich in dem südamerikanischen Land. "Chile hat sich als ein Schnellkochtopf erwiesen, der auf die schlimmste Art explodiert ist", sagte die Beamtin Maria.

Es waren die schwersten Krawalle seit Jahren in Chile, das als eines der stabilsten Länder Lateinamerikas gilt. Chile hat das höchste Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika. Das Wirtschaftswachstum wird in diesem Jahr auf 2,5 Prozent geschätzt, die Inflation liegt bei lediglich zwei Prozent. Angesichts steigender Gesundheits- und Lebenshaltungskosten, niedriger Renten und sozialer Ungleichheit ist die Frustration aber groß.

Die Unruhen beschränkten sich nicht nur auf die Hauptstadt mit ihren sieben Millionen Einwohnern. In der Hafenstadt Valparaíso steckten Demonstranten den Sitz der Tageszeitung "El Mercurio" in Brand. Auch dort wurde der Ausnahmezustand verhängt.

(I.Beryonev--DTZ)

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