Deutsche Tageszeitung - Nach Händler-Protesten in Teheran gehen im Iran Studierende auf die Straßen

Nach Händler-Protesten in Teheran gehen im Iran Studierende auf die Straßen


Nach Händler-Protesten in Teheran gehen im Iran Studierende auf die Straßen
Nach Händler-Protesten in Teheran gehen im Iran Studierende auf die Straßen / Foto: © FARS NEWS AGENCY/AFP

Erst die Händler, jetzt die Studenten: Im Iran hat sich der Protest gegen die hohen Lebenshaltungskosten und die desolate wirtschaftliche Lage ausgeweitet. Am Dienstag demonstrierten Studenten an mindestens zehn Universitäten. Präsident Massud Peseschkian sprach mit Blick auf die Proteste der Geschäftsleute von berechtigten Anliegen.

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Am dritten Tag der Proteste gab es Demonstrationen an sieben Hochschulen in Teheran, die zu den renommiertesten des Landes zählen. Auch an Universitäten in den Städten Isfahan und Jasd im Landesinneren und Sanjan im Nordwesten wurde protestiert, wie die arbeitnehmernahe Nachrichtenagentur Ilna und die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldeten.

Auf großen Kreuzungen in Teheran und außerhalb einiger Universitäten waren am Dienstag Sicherheitskräfte und Polizisten stationiert, wie AFP beobachtete.

Die spontanen Demonstrationen waren am Sonntag von Teherans größtem Handy-Markt ausgegangen und hatten sich dann ausgeweitet. Händler ließen ihre Läden geschlossen und demonstrierten im Zentrum der iranischen Hauptstadt. Auch am Montag protestierten Händler, am Dienstag waren einige Geschäfte wieder geöffnet.

Die Proteste beschränkten sich weitgehend auf das Zentrum von Teheran mit seinen vielen Geschäften, die Teilnehmerzahlen blieben begrenzt. Anderenorts blieb die große Mehrheit der Geschäfte geöffnet, wie AFP feststellte.

Der iranische Präsident Peseschkian traf sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr am Dienstag mit Gewerkschaftsführern und machte Vorschläge zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise. "Ich habe das Innenministerium aufgefordert, sich die legitimen Forderungen der Demonstranten anzuhören, indem es mit ihren Repräsentanten in den Dialog tritt". Dies sei notwendig, "damit die Regierung mit all ihrer Kraft handeln kann, um die Probleme zu lösen und verantwortungsvoll zu handeln", erklärte er im Onlinedienst X.

Nach Angaben des Staatsfernsehens forderte auch Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf "notwendige Maßnahmen zur Steigerung der Kaufkraft der Bevölkerung". "Die Sorgen und Proteste der Menschen hinsichtlich ihrer Lebensgrundlagen müssen mit voller Verantwortung und im Dialog beantwortet werden", sagte er demnach. Er warnte zugleich vor ausländischen Agenten und Regierungskritikern, die versuchten, die Proteste zu instrumentalisieren.

Der Wert der iranischen Landeswährung auf dem Schwarzmarkt war zuvor auf ein historisches Tief abgestürzt. Am Sonntag kostete ein Dollar nach Angaben auf Preisbeobachtungsportalen rund 1,42 Millionen Rial, ein Euro wurde für 1,7 Millionen Rial getauscht. Vor einem Jahr hatte ein Dollar noch 820.000 Rial gekostet. Bis Dienstag erholte sich der Rial nur leicht. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP stellten insbesondere Händler von Importgütern wie Elektronik ihre Verkäufe ein oder verkauften nur online, um die Preise einfacher anpassen zu können.

Der chronische Wertverlust der iranischen Währung führt zu Hyperinflation und starker Unsicherheit angesichts der stark schwankenden Preise. Dies hemmt insbesondere den Verkauf importierter Güter.

Die Zeitung "Etemad" zitierte einen nicht namentlich genannten Händler, der sich über mangelnde staatliche Unterstützung angesichts hoher Importkosten beschwerte. "Wir mussten uns entscheiden, unseren Protest zu zeigen", sagte er demnach.

Wie Staatsmedien berichteten, bleiben Schulen, Banken und öffentliche Einrichtungen am Mittwoch in Teheran und einigen weiteren Gegenden auf Entscheidung der Behörden geschlossen, um angesichts der großen Kälte Heizkosten zu sparen. Einen Zusammenhang zu den Protesten stellten die Staatsmedien nicht her.

Die durch jahrzehntelange westliche Sanktionen geschwächte iranische Wirtschaft steht unter dem Druck einer hohen Inflation, zudem wurden Ende September UN-Sanktionen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm der Regierung wieder in Kraft gesetzt.

Präsident Peseschkian hatte unlängst versprochen, gegen die Inflation und die hohen Lebenshaltungskosten vorzugehen. Nach den Protesten kündigte die Regierung an, den bisherigen Chef der iranischen Zentralbank am Mittwoch durch Abdolnasser Hemmati zu ersetzen. Hemmati war im März als Wirtschafts- und Finanzminister vom Parlament abgesetzt worden, Grund war ebenfalls der starke Wertverlust des iranischen Rial.

(U.Kabuchyn--DTZ)

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