
Massiver Widerstand gegen Grundrenten-Kompromiss in der Union

Die massive Kritik aus der Union an einem Grundrenten-Kompromiss mit der SPD hält auch nach der Verschiebung eines für Montag geplanten Spitzentreffens der Großen Koalition zu dem Thema an. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus schloss eine von der SPD geforderte Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung aus. "Das wird mit uns nicht klappen", sagte der CDU-Politiker der "Welt" (Montagsausgabe). Der Chef der Jungen Union verglich eine solche Lösung mit dem bedingungslosen Grundeinkommen.
Seine Fraktion sei nicht bereit, "die Prinzipien des Renten- und des Grundsicherungssystems über den Haufen" zu werfen, sagte Brinkhaus der "Welt". "Wir wollen keine Steuergelder an Menschen verteilen, die die Unterstützung gar nicht brauchen", fügte er hinzu.
Auch mehrere junge CDU-Abgeordnete kritisierten einen Grundrenten-Kompromiss ohne Bedürftigkeitsprüfung scharf. Der Hamburger CDU-Politiker Christoph Ploß sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er erwarte von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, "dass sie der SPD deutlich macht, dass mit der CDU ein Abweichen vom Koalitionsvertrag nicht zu machen ist". Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Vereinbarung zur Grundrente sei bereits ein Kompromiss, betonte der 34-Jährige.
Der Chef der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, bezeichnete eine "Grundrente ohne echte Bedürftigkeitsprüfung" gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland als "Einstieg ins bedingungslose Grundeinkommen". "Weitere Sozialgeschenke zur Beruhigung der SPD darf die Unionsfraktion nicht mitmachen. Für uns ist eine Grenze erreicht", sagte der JU-Vorsitzende.
Der Chef der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion, Mark Hauptmann (CDU), nannte eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung in der "Bild"-Zeitung ein "Vergehen an der jungen Generation". "Anstatt in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes wie die Digitalisierung, eine starke Infrastruktur und Wirtschaft zu investieren, schaffen wir mit der Grundrente neue Ungerechtigkeiten", kritisierte er.
SPD und Union streiten seit Monaten über die Ausgestaltung der Grundrente. Ein für Montagabend geplantes Spitzentreffen, bei dem eine Einigung hätte erzielt werden sollen, wurde am Sonntag überraschend auf den 10. November verschoben. Beide Seiten begründeten die Verschiebung damit, dass es noch weiteren Klärungsbedarf gebe.
Zuvor hatte sich als Kompromisslinie abgezeichnet, die Auszahlung der Grundrente vom Einkommen der Rentner abhängig zu machen, nicht von einer Prüfung der Bedürftigkeit, in die ihr gesamtes Vermögen mit einbezogen würde. Dagegen regte sich allerdings in der Unionsfraktion Widerstand.
Die Union argumentiert, die Grundrente solle nur nach Prüfung der individuellen Bedürftigkeit ausgezahlt werden - so ist es im Koalitionsvertrag vereinbart. Die SPD lehnt eine solche Prüfung ab, was den Kreis der Anspruchsberechtigten deutlich vergrößert.
Die große Koalition steht in der Grundrenten-Frage unter Druck. Ein Scheitern der Verhandlungen würde ihre Handlungsfähigkeit in Frage stellen und in der SPD jene Kräfte stärken, die einen Ausstieg aus der Koalition wollen.
(W.Novokshonov--DTZ)