Deutsche Tageszeitung - Spanien unregierbar? Patt-Situation nach Neuwahlen

Spanien unregierbar? Patt-Situation nach Neuwahlen


Spanien unregierbar? Patt-Situation nach Neuwahlen
Spanien unregierbar? Patt-Situation nach Neuwahlen / Foto: ©

In Spanien zeichnet sich nach der neuerlichen Parlamentswahl eine Patt-Situation ab: Weder das linke Lager um den sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez noch das rechte Lager seines Herausforderers Pablo Casado von der konservativen PP kommen auf eine Mehrheit im Parlament, wie am Sonntagabend nach der Schließung der Wahllokale veröffentlichte Umfragen ergaben, die allerdings über mehrere Tage schon vor der Wahl getätigt wurden. Mit ersten belastbaren Ergebnissen wurde gegen 22.00 Uhr gerechnet.
 
Den Prognosen zufolge wären die Sozialisten von Sánchez wieder klar stärkste Kraft: Sie kämen auf fast 120 Abgeordnete und müssten somit nur leichte Verluste gegenüber ihren bisher 123 Sitzen hinnehmen. Die konservative PP könnte nach ihrem historisch schlechten Ergebnis bei der Wahl im April nun deutlich zulegen und käme nach 66 nun auf etwas unter 90 Sitze. Größter Gewinner und drittstärkste Kraft würde demnach die rechtsextreme Partei Vox, die mit rund 50 Sitzen ihre vorherigen 24 Sitze verdoppeln könnte.
 
Weder das linke Lager bestehend aus der sozialistischen PSOE, der linken Podemos und deren Abspaltung Más País käme den Prognosen zufolge auf die nötige absolute Mehrheit von 176 Stimmen im Parlament, noch das rechte Lage mit PP, Vox und den Liberalen von Ciudadanos. Die Wahlbeteiligung lag um 18.00 Uhr bei rund 57 Prozent und damit fast vier Punkte niedriger als im April.
 
Sánchez könnte auf eine Minderheitsregierung mit Unterstützung des linken Lagers sowie von Regionalparteien aus dem Baskenland und Katalonien setzen. Nach der Wahl im April hatte sich der Sozialist nicht mit Podemos auf eine Regierungskoalition einigen können. Daraufhin war die vorgezogene Neuwahl nötig geworden.
 
Geprägt war der Wahlkampf vom Erstarken der rechtsextremen Vox-Partei und der Auseinandersetzung um Katalonien. Der Streit um Katalonien war eskaliert, nachdem der Oberste Gerichtshof in Madrid am 14. Oktober Haftstrafen von bis zu 13 Jahren gegen führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung verhängt hatte. Seither gab es in der Region nicht nur wiederholt Massenproteste, sondern zunehmend auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.
 
Sánchez hatte bei einer TV-Debatte mit den anderen Spitzenkandidaten in Aussicht gestellt, Referenden über die Unabhängigkeit von Spanien "ein für allemal zu verbieten". Vox-Chef Santiago Abascal ging das nicht weit genug. Er forderte, den katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra "in Handschellen" abzuführen und vor Gericht zu stellen. Die Vox-Partei knüpft an das Erbe des spanischen Diktators Francisco Franco an.  (V.Sørensen--DTZ)

Empfohlen

Merz und Dobrindt halten trotz Gerichtsurteils an Zurückweisungen fest

Die Bundesregierung will trotz des Urteils des Berliner Verwaltungsgerichts an der Zurückweisung von Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen festhalten. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sprach am Mittwoch von einer "vorläufigen Entscheidung" des Gerichts, welche das Vorgehen an den Grenzen nicht grundsätzlich in Frage stelle: "Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können", sagte Merz. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte, an der Praxis, Schutzsuchende an den Grenzen abzuweisen, werde sich "aktuell" nichts ändern.

Bundestagspräsidentin Klöckner will deutsch-französisches Abgeordnetentreffen stärken

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) will die Zusammenarbeit des Bundestags mit der französischen Nationalversammlung vertiefen. Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung, zu der je 50 Abgeordnete beider Länder zählen, solle wieder aufgewertet werden, sagte Klöckner am Dienstag in Paris. Das nächste Treffen der Parlamentarier sei bereits für den 16. Juni in Paris geplant.

Hamas-Zivilschutz: 27 Tote bei erneutem Beschuss nahe Verteilzentrum im Gazastreifen

Während der Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen sind am Dienstag erneut Schüsse von der israelischen Armee abgefeuert worden. Dabei wurden nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes im Süden des Palästinensergebiets mindestens 27 Menschen getötet und mehr als 90 weitere verletzt. Zivilschutz-Sprecher Mahmud Bassal warf der israelischen Armee ein "Massaker an Zivilisten" vor. Das israelische Militär erklärte, Schüsse "in die Nähe einzelner Verdächtiger" abgefeuert zu haben.

Selenskyj wirft Russland "vorsätzlichen Angriff" auf Zivilisten in Sumy vor

Nach russischen Raketenangriffen auf die Stadt Sumy mit drei Toten hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskau den vorsätzlichen Beschuss von Zivilisten vorgeworfen. Russland habe "direkt" auf die Stadt gezielt, schrieb Selenskyj am Dienstag in einem Onlinenetzwerk. "Es war ein vorsätzlicher Angriff auf Zivilisten", fügte er hinzu. Bei den russischen Angriffen auf die Stadt im Nordosten der Ukraine starben mindestens drei Menschen.