Deutsche Tageszeitung - Enttäusche Reaktionen auf Minimalkonsens bei UN-Klimakonferenz in Madrid

Enttäusche Reaktionen auf Minimalkonsens bei UN-Klimakonferenz in Madrid


Enttäusche Reaktionen auf Minimalkonsens bei UN-Klimakonferenz in Madrid
Enttäusche Reaktionen auf Minimalkonsens bei UN-Klimakonferenz in Madrid / Foto: ©

"Verpasste Gelegenheit", "Schande", "Verrat": Das Ergebnis der UN-Klimakonferenz in Madrid hat weithin Enttäuschung ausgelöst. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisierten die am Sonntag verabschiedeten Minimalbeschlüsse als völlig unzureichend. Auch UN-Generalsekretär António Guterres und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) zeigten sich unzufrieden.

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Die Delegationen aus fast 200 Ländern hatten sich nach einem Verhandlungsmarathon unter anderem darauf verständigt, die Notwendigkeit anzuerkennen, dass alle Länder ihre nationalen Klimaschutzziele anheben. Bei den harten Verhandlungen über die Frage, wie Artikel 6 des Paris-Abkommens umgesetzt werden soll, gelang hingegen keine Einigung.

Guterres bezeichnete die nach mehr als 40-stündigem Nachsitzen erreichten Ergebnisse der Konferenz als enttäuschend. Die internationale Gemeinschaft habe eine "wichtige Gelegenheit verpasst", mehr Ehrgeiz bei der Bewältigung der Klimakrise zu zeigen.

"Das waren harte Verhandlungen in Madrid", erklärte Bundesumweltministerin Schulze. Leider würden die Ergebnisse der Herausforderung der Erderwärmung "nicht gerecht". Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) übte Kritik: "Madrid war enttäuschend und dennoch liegt es an den Staaten zu handeln."

Linken-Chefin Katja Kipping sagte der "Welt", es sei "eine Schande, dass die Weltklimakonferenz mit einem Minimal-Kompromiss endete, der in zentralen Fragen keine Lösung bietet und das Problem erneut vertagt". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter monierte ein "eklatantes Versagen" der Staatengemeinschaft in Madrid.

Selbst die chilenische Umweltministerin und Konferenzpräsidentin Carolina Schmidt räumte ein, dass die Beschlüsse nicht ausreichten, "um der Klimawandel-Krise mit einem Sinn für die Dringlichkeit zu begegnen".

In dem Konferenzbeschluss zur Klimaschutz-Ambition wird auf die "Kluft" zwischen den notwendigen und den tatsächlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Paris-Abkommens hingewiesen. Die Staaten werden daher "ermutigt", 2020 ehrgeizigere nationale Klimaschutzziele vorzulegen.

Die Hoffnung von Entwicklungsländern und Inselstaaten auf einen eigenen internationalen Fonds zur Bewältigung von bereits eintretenden klimabedingten Schäden und Verlusten erfüllte sich nicht. Die Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Abkommens gelang ebenfalls nicht.

Damit bleibt das sogenannte Regelbuch zur Umsetzung des Paris-Abkommens weiter unvollständig. Alle anderen Kapitel waren vor einem Jahr bei der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz beschlossen worden. Die Artikel-6-Verhandlungen wurden nun erneut vertagt - auf die nächste UN-Klimakonferenz 2020 in Glasgow.

Artikel 6 sieht vor, auch Marktmechanismen zur Steigerung und Umsetzung der nationalen Klimaschutzbeiträge (NDC) zu nutzen. So könnte ein Industrieland sich die Emissionseinsparung durch klimafreundliche Investitionen in einem Entwicklungsland selbst anrechnen lassen.

Besonders umstritten war, ob unter dem Kyoto-Protokoll vergebene Verschmutzungsrechte unter dem Paris-Abkommen weiter gelten sollen. Darum kämpften insbesondere Brasilien, die USA, Australien und Indien.

Die EU stemmte sich dagegen, da aus ihrer Sicht die Anerkennung alter Zertifikate - genauso wie Schlupflöcher etwa für Doppelzählungen von Zertifikaten - das gesamte Pariser Abkommen unterlaufen würde. Schulze erklärte dazu, sie sei "froh, dass wir alle Versuche abwehren konnten, das Pariser Klimaschutzabkommen aufzuweichen".

Brasiliens Umweltminister Ricardo Salles zeigte sich enttäuscht über die Vertagung der Artikel-6-Verhandlungen. Er warf den wohlhabenden Industrieländern eine "protektionistische" Haltung vor. In Madrid sei nichts erreicht worden, "weil die reichen Länder nicht ihre Brieftasche öffnen wollten", erklärte Salles.

Angesichts der weltweiten Klima-Demonstrationen und eindringlicher Appelle von Wissenschaft und Aktivisten wie Greta Thunberg standen die Verhandler in Madrid unter Druck. Die Beschlüsse verrieten nun "all jene Menschen, die weltweit längst unter den Folgen der Klimakrise leiden", kritisierte Greenpeace Deutschland.

Von Brot für die Welt hieß es, reiche Länder seien mit dem Ende der Klimakonferenz in Madrid "nicht aus der Verantwortung entlassen, die Kosten ihrer Zeche zu bezahlen"."

Michael Schäfer vom WWF Deutschland rief die EU auf, nach ihrem Beschluss für ein klimaneutrales Europa bis 2050 im Klimaschutz eine Führungsrolle zu übernehmen. Auch Germanwatch warb dafür, dass die EU im Klimaschutz "vorangeht".

EU-Kommissionsvize Frans Timmermans versicherte, die EU werde sich weiter dafür einsetzen, "dass wir uns alle der drängenden Herausforderung des Klimawandels stellen".

(M.Dylatov--DTZ)