
Wut und Trauer im Irak nach Tötung des iranischen Top-Generals Soleimani

Bei einem Trauerzug für den von den USA getöteten iranischen General Kassem Soleimani und den irakischen Milizenführer Abu Mehdi al-Muhandis haben zehntausende Iraker "Rache" und den "Tod Amerikas" gefordert. Hinter den Särgen der Getöteten zogen sie am Samstag durch die Hauptstadt Bagdad. Angesichts der explosiven Lage setzten Nato und Bundeswehr die Ausbildung von Sicherheitskräften im Irak vorerst aus. US-Außenminister Mike Pompeo warf den Europäern mangelnde Unterstützung vor.
Soleimani und al-Muhandis sowie acht weitere Menschen waren in der Nacht zum Freitag durch einen US-Drohnenangriff nahe Bagdad getötet worden. Nach der gezielten Tötung stehen die Zeichen zwischen dem Iran und den USA auf Eskalation. Teheran drohte Washington mit Vergeltung. Die USA kündigten die Entsendung von 3000 bis 3500 zusätzlichen Soldaten in die Golfregion an.
US-Präsident Donald Trump versicherte, die USA hätten gehandelt, "um einen Krieg zu stoppen", nicht um einen Krieg zu beginnen. Der iranische UN-Botschafter Madschid Tacht Rawantschi sprach dagegen von einer "Kriegshandlung" der USA.
Führende irakische Politiker und Geistliche nahmen an dem Trauermarsch in Bagdad teil. Unter anderem gab Regierungschef Adel Abdel Mahdi den Getöteten das letzte Geleit. Deren Särge waren mit den jeweiligen Nationalflaggen bedeckt und wurden auf Fahrzeugen durch die schwarz gekleidete Menge im schiitischen Bezirk Kadhimija gefahren. Im Anschluss wurden die Särge in die Grüne Zone Bagdads gebracht, wo auch die US-Botschaft liegt. Die Menschenmenge blieb jedoch außerhalb der Zone.
Die Leichen der bei dem US-Angriff getöteten Iraner sollen am Samstagabend in ihre Heimat geflogen werden. Dort wurde eine dreitägige Staatstrauer zu Ehren Soleimanis ausgerufen. Der langjährige Anführer der für Auslandseinsätze zuständigen Al-Kuds-Brigaden, die zu den Revolutionsgarden gehören, soll am Dienstag in seiner Heimatstadt Kerman beigesetzt werden.
Vor dem Hintergrund der angespannten Lage setzte die Bundeswehr ihre Ausbildungsmission im Irak vorübergehend aus. Betroffen sei das deutsche Einsatzkontingent an den Standorten Erbil und Tadschi, teilte die Bundeswehr mit. An ihrem geplanten Kontingentwechsel hält die Bundeswehr aber fest. In den kommenden Tagen würden insgesamt 60 Soldaten aus dem norddeutschen Raum in den Irak fliegen. Derzeit sind im Irak rund 130 Bundeswehr-Soldaten stationiert.
Auch die Nato setzte die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte vorübergehend aus. Die Nato-Mission werde jedoch fortgesetzt, erklärte ein Sprecher des Bündnisses am Samstag. Auf Bitten Bagdads ist die Nato seit Oktober 2018 an der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte beteiligt, um eine Rückkehr der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu verhindern.
Die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition entschied, die Sicherheitsmaßnahmen für die im Irak stationierten internationalen Truppen zu verschärfen und ihre Einsätze "einzuschränken", wie ein Vertreter der US-Streitkräfte der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die USA dementierten zugleich Angaben des irakischen Staatsfernsehens, dass sie erneut einen Luftangriff auf pro-iranische Milizen im Irak geflogen seien. "Es gab keinen Angriff der USA oder der Allianz", sagte der Sprecher der Anti-IS-Koalition im Irak, Myles Caggins.
US-Außenminister Mike Pompeo kritisierte derweil die Reaktion der Europäer auf die Tötung Soleimanis. Washingtons europäische Verbündete seien "nicht so hilfreich" gewesen wie er gehofft habe, sagte Pompeo dem Sender Fox News. Die Briten, die Franzosen und die Deutschen müssten verstehen, dass der US-Angriff "auch Leben in Europa gerettet hat". Nach der Tötung Soleimanis hatten mehrere westliche Staats- und Regierungschefs vor einer Eskalation im Nahen Osten gewarnt.
(P.Tomczyk--DTZ)