
Maas warnt im Libyen-Konflikt vor einem "zweiten Syrien"

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat vor den Folgen einer weiteren Eskalation der Lage in Libyen gewarnt. Das nordafrikanische Land dürfe "kein zweites Syrien" und "Schauplatz eines Stellvertreterkrieges" werden, sagte Maas nach einem Treffen mit dem militärisch unter Druck stehenden libyschen Ministerpräsidenten Fajes al-Sarradsch am Mittwoch in Brüssel. Er forderte von allen Beteiligten Unterstützung für einen Waffenstillstand und ein wirksames Embargo für Waffenlieferungen nach Libyen.
Maas führte in Brüssel zusammen mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell Gespräche mit al-Sarradsch. Die Bundesregierung plant in den kommenden Wochen in Berlin eine internationale Konferenz zu Libyen, bei der insbesondere ausländische Unterstützer der libyschen Konfliktparteien zur Zurückhaltung gebracht werden sollen. Maas sprach nun sogar von einem "Gipfel", was ein Treffen mit Staats- und Regierungschefs wäre.
Al-Sarradsch erklärte sich Maas zufolge bereit, Beschlüsse des Berliner Treffens "konsequent aufzunehmen und voranzutreiben". Dazu gehöre neben einem Waffenstillstand und einem Waffenembargo mit den Anrainerstaaten auch ein politischer Prozess mit den Konfliktparteien in Libyen unter Ägide der Vereinten Nationen.
In dem Land gerät die international anerkannte Regierung von al-Sarradsch durch Gebietsgewinne der Truppen des abtrünnigen Generals Chalifa Haftar zunehmend unter Druck. Haftar wird unter anderem von Russland, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Die Türkei hatte am Sonntag erklärt, sie habe mit der Entsendung von Truppen zur Stützung der Regierung in Tripolis begonnen.
Am Dienstag hatten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens mit Borrell in Brüssel über mögliche Lösungen für den Konflikt beraten. Maas hatte danach angekündigt, dass ab Mittwoch auch Gespräche mit den libyschen Akteuren geführt werden sollten. Dazu reiste al-Sarradsch nun nach Brüssel. Ein Termin für Gespräche mit Haftar steht dem Vernehmen nach noch nicht fest.
Al-Sarradsch traf am Vormittag in Brüssel bereits EU-Ratspräsident Charles Michel. Dieser zeigte sich über "die militärische Eskalation in Libyen besorgt". Er betonte, es könne "keine militärische Lösung für die Libyen-Krise" geben. Die EU wolle ihre Bemühungen verstärken, damit es zu einer politischen Lösung komme und unterstütze den von Deutschland verfolgten Berlin-Prozess und Initiativen der UNO.
Michel sprach auch das im November von Libyen mit der Türkei geschlossene Abkommen über die Abgrenzung von Wirtschaftsgebieten im Mittelmeer an. Gegen die Vereinbarung hatten Griechenland und Zypern protestiert, die mit der Türkei seit langem um Gasbohrrechte im Mittelmeer streiten. Michel bekräftigte den EU-Standpunkt, dass das Abkommen die Rechte von Drittstaaten verletzt und keinerlei rechtliche Folgen für diese haben könne.
(A.Nikiforov--DTZ)