
Frage eines Bundeswehreinsatzes in Libyen löst Debatte in Berlin aus

Nach der Berliner Libyen-Konferenz diskutieren die Parteien über eine Beteiligung der Bundeswehr an einem möglichen europäischen Militäreinsatz. Die Linkspartei sprach sich vehement gegen ein Engagement der Bundeswehr in Libyen aus. Grüne und FDP zeigten sich im Grundsatz offen für eine solche Mission, wenn sie zu einer Stabilisierung des Landes beitragen kann. Die Bundesregierung wiegelte ab: Die Entscheidung über einen deutschen Beitrag stehe noch nicht an.
Die Oppositionsparteien Grüne, Linke und FDP zollten der Bundesregierung prinzipiell Respekt für ihre diplomatische Libyen-Initiative, nur die AfD wertete die Konferenz als Fehlschlag. Die Teilnehmer der Libyen-Konferenz hatten sich am Sonntag auf ein Waffenembargo für Libyen verständigt. Zudem gaben sie das Ziel aus, aus der derzeitigen Waffenruhe einen dauerhaften Waffenstillstand zu machen.
Offen ist noch, wer das Embargo und den Waffenstillstand überwachen könnte - eine internationale Militärmission unter Einbeziehung der Bundeswehr wäre eine denkbare Möglichkeit. Regierungssprecher Steffen Seibert riet am Montag in Berlin dazu, nun zunächst den weiteren Verlauf des Friedensprozesses abzuwarten. Erst dann stelle sich die Frage, "wie ein solcher Waffenstillstand überwacht werden kann".
Das Bundesverteidigungsministerium teilte mit, dass es sich auf eine entsprechende Anfrage vorbereite: Sollte ein Engagement der Bundeswehr angefragt werden, dann werde sie "sicherlich antwortfähig" sein, sagte ein Sprecher. Wichtig sei nun aber, "dass wir nicht den dritten Schritt vor dem ersten machen".
Die Grünen-Außenexperten Agnieszka Brugger und Omid Nouripour zeigten sich im Grundsatz für Beratungen über einen Einsatz: "Wir prüfen jedes von der Bundesregierung vorgelegte Mandat kritisch, sorgfältig und ergebnisoffen nach seiner rechtlichen, politischen und militärischen Sinnhaftigkeit." Grünen-Chef Robert Habeck sagte, die Frage eines Auslandseinsatzes stelle sich erst dann, wenn aus den Berliner Vereinbarungen ein "stabiler Friedensprozess" hervorgehe.
Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte den Funke-Zeitungen, ein Einsatz sei "nur denkbar, wenn es einen gut strukturierten politischen Prozess zur Befriedung des Landes gibt". Die Linkspartei legte sich bereits auf ein Nein fest. "Die Bundeswehr hat dort nichts verloren", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger.
Der AfD-Außenexperte Armin-Paul Hampel erklärte die Berliner Konferenz für gescheitert: "Die Ergebnisse von Berlin sind reine Kosmetik, helfen den Libyern und den Flüchtlingen nicht und lassen den Krieg in einer weitere Runde gehen."
Unionsfraktionsvize Johann David Wadephul (CDU) schlug eine europäische Mission zur Überwachung der Vereinbarungen vor: "Wir können nicht tolerieren, dass Libyen auf lange Sicht Tummelplatz für Waffenschmuggler, Menschenhändler und islamistische Terroristen bleibt."
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wies darauf hin, dass es für einen Einsatz der Bundeswehr "hohe verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Hürden" gebe. "Die SPD wird darauf achten, dass diese eingehalten werden", sagte er den Funke-Zeitungen.
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), wies darauf hin, dass die Bundeswehr durch Einsätze etwa in Mali oder Afghanistan ohnehin schon stark beansprucht sei. "Die Beteiligung der Bundeswehr an einer Friedensmission in Libyen wäre prinzipiell möglich, würde aber die Belastung weiter erhöhen", sagte Bartels der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagausgabe).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits zum Abschluss der Konferenz am Sonntagabend gesagt, die Frage einer Bundeswehrbeteiligung stelle sich noch nicht.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts betonte in Berlin, dass die zivile Aufbauarbeit "ein ganz wichtiges Element unseres weiteren Engagements" in Libyen sein werde. Nach Angaben des Entwicklungshilfeministeriums ist Deutschland mit Zuwendungen in Höhe von 77 Millionen Euro seit 2015 "einer der größten Geber in Libyen".
(W.Novokshonov--DTZ)