Deutsche Tageszeitung - Erdogan droht EU mit "Millionen" Flüchtlingen

Erdogan droht EU mit "Millionen" Flüchtlingen


Erdogan droht EU mit "Millionen" Flüchtlingen
Erdogan droht EU mit "Millionen" Flüchtlingen / Foto: ©

Im Streit um die Grenzöffnung für Flüchtlinge hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Druck auf die EU weiter erhöht. Die Grenzen blieben offen, sagte Erdogan am Montag in einer Fernsehansprache. Jetzt sei es an der EU, ihren "Teil der Last" zu tragen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen im Syrien-Konflikt kündigte Erdogan zudem ein Treffen mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin am Donnerstag an.

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"Hunderttausende" Flüchtlinge hätten sich seit der Grenzöffnung auf den Weg Richtung Europa gemacht, "bald werden es Millionen sein", sagte Erdogan. Nach Beobachtungen von AFP vor Ort scheinen diese Zahlen jedoch stark übertrieben zu sein.

Infolge der Eskalation des militärischen Konflikts in Nordsyrien hatte die Türkei am Wochenende ihre Grenzen für Flüchtlinge geöffnet, die in die EU gelangen wollen. Tausende Menschen versuchten daraufhin, über die Grenze nach Griechenland zu gelangen. Den Schritt begründete Ankara damit, dass sich die EU nicht an ihre Verpflichtungen aus dem 2016 mit der Türkei geschlossenen Flüchtlingsabkommen halte.

Die Bundesregierung betonte, das Abkommen gelte weiterhin. Die Regierung sei überzeugt, dass es für beide Seiten gut sei und dass es "aufrechterhalten und eingehalten" werden solle, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte den an die Türkei angrenzenden Staaten Griechenland und Bulgarien im Onlinedienst Twitter seine "volle Solidarität" zu.

Führende EU-Vertreter wollen sich am Dienstag in Griechenland ein Bild der Lage verschaffen. EU-Ratspräsident Charles Michel, EU-Parlamentspräsident David Sassoli und sie selbst würden nach Griechenland an die Grenze zur Türkei reisen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel. "Die Herausforderung, vor der Griechenland derzeit steht, ist eine europäische Herausforderung."

Knapp eine Million Menschen sind seit Dezember aus den umkämpften Gebieten im Nordwesten Syriens geflohen. Die Gefechte um die letzte syrische Milizenhochburg Idlib hatten sich zuletzt verschärft. Bei einem Luftangriff, der mutmaßlich von syrischen Regierungstruppen ausging, wurden 34 türkische Soldaten getötet. Die Türkei startete daraufhin eine Militäroffensive und tötete am Sonntag 19 syrische Soldaten und schoss zwei syrische Kampfjets ab.

Die syrische Regierung erklärte am Montag, ihre Truppen würden die türkischen Streitkräfte zurückdrängen. "Syrien ist entschlossen, sich dem ungeheuerlichen türkischen Angriff entgegenzustellen", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Sana aus dem syrischen Außenministerium.

Russland unterstützt in dem militärischen Konflikt die syrische Regierung, die Türkei steht auf Seiten einiger Milizen. Direkte Auseinandersetzungen mit Russland will die Türkei aber vermeiden. Ankara und Moskau unterhalten wichtige Beziehungen in den Bereichen Verteidigung und Handel. Obwohl sie im Syrien-Konflikt auf unterschiedlichen Seiten stehen, haben sich die Türkei und Russland in der Vergangenheit eng abgestimmt.

Nach Angaben der türkischen Präsidentschaft wird Erdogan am Donnerstag zu einem eintägigen Besuch nach Russland reisen. Er hoffe, dass bei den Gesprächen mit Putin eine Feuerpause erreicht werden könne "und wir eine Lösung in dieser Sache finden werden", sagte Erdogan.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die Zusammenarbeit mit der Türkei habe hohe Priorität. Russland sei "die Zusammenarbeit mit unseren türkischen Partnern äußerst wichtig".

Der syrische Machthaber Baschar al-Assad führt seit Dezember zusammen mit Russland eine Offensive rund um die letzte Hochburg der Assad-Gegner in der Provinz Idlib. Dort sind vor allem islamistische und dschihadistische Milizen aktiv. Am Montag eroberten Assads Truppen nach Aktivistenangaben die Stadt Sarakeb zurück. Mit Unterstützung der russischen Luftwaffe hätten die Truppen "die vollständige Kontrolle" über die Stadt zurückerlangt, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

(I.Beryonev--DTZ)

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