Regierung will Rechte der Nutzer in sozialen Netzwerken stärken
Nutzer von sozialen Netzwerken sollen mehr Rechte beim Umgang mit unliebsamen Postings bekommen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), mit dem das Recht auf Überprüfung von Entscheidungen zur Löschung von Inhalten geschaffen wird. Auch sollen die Plattformbetreiber zu mehr Transparenz verpflichtet werden. Der Digitalverband Bitkom warnte, die Änderungen könnten zu neuen Unsicherheiten führen.
Laut dem Entwurf zur Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sollen Nutzer ein Überprüfungsrecht bekommen, wenn ein eigener Post gelöscht oder ein als rechtswidrig gemeldeter beibehalten wird. Dafür müssen die Netzwerkbetreiber ein so genanntes Gegenvorstellungsverfahren einführen.
Zugleich sollen Meldewege für problematische Postings leichter erkennbar und benutzbar werden. Das mit der Datenherausgabe befasste Gericht soll zugleich auch die sozialen Netzwerks zur tatsächlichen Datenherausgabe verpflichten können. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht, das Betroffene anstrengen müssen, um von Anbietern sozialer Netzwerke Auskünfte beispielsweise über die Identität eines Beleidigers zu erhalten.
"Meldewege müssen für jeden mühelos auffindbar und leicht zu bedienen sein", erklärte Lambrecht. "Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss die Möglichkeit haben, dies dem sozialen Netzwerk einfach und unkompliziert anzuzeigen."
Um die sozialen Netzwerke zu mehr Transparenz über ihre Praktiken zu bringen, sollen außerdem die Berichtspflichten erhöht werden. So sollen die Betreiber beispielsweise Auskunft über Veränderungen gegenüber vorherigen Berichten geben werden.
Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, begrüßte die Neuerungen. "Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz braucht schärfere Zähne, damit Betroffene sich effektiver wehren können", erklärte er.
Dagegen reagierte der Digitalverband Bitkom unzufrieden. Zwar sei es "gut und richtig", dass sich die Bundesregierung mit dem Problem Hass im Netz befasse, erklärte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Jedoch sei das NetzDG "ein ungeeignetes Instrument - es delegiert lediglich die genuin staatliche Aufgabe der Rechtsdurchsetzung an internationale Konzerne".
Rohleder kritisierte außerdem, dass die Ergebnisse der im NetzDG vorgesehenen Evaluierung noch nicht vorliegen. Dennoch "prescht die Regierungskoalition in diesem Jahr mit der zweiten Novelle zu diesem Gesetz vor", dass im Herbst 32017 in Kraft getreten war.
"Die neue Reform führt zu noch mehr Unsicherheiten und eben nicht zu mehr Transparenz: Unbestimmte Rechtsbegriffe und unklare Vorgaben bei der Löschung von Inhalten werden dabei nicht ausgeräumt", monierte Rohleder.
Die Grünen-Fraktion forderte ebenfalls eine zügige Evaluierung der bisherigen Gesetzeslage. "Jetzt sollten nicht nur die von Anfang an bekannten Fehler beseitigt werden, sondern mit der Evaluierung auch eine grundsätzliche Debatte über Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte im Gesetz erfolgen", forderten die Grünen-Politikerinnen Renate Künast und Tabea Rößner. Die vom Kabinett verabschiedeten Änderungen seien aber grundsätzlich zu begrüßen.
Der Linken-Rechtspolitiker Niema Movassat erklärte ebenfalls, Lambrecht täte gut daran, "eine weitere Änderung des NetzDG hintenanzustellen, bis die Auswirkungen des NetzDG gründlich evaluiert und bestehende Zweifel an der Europarechtskonformität des Gesetzes ausgeräumt worden sind."
(A.Nikiforov--DTZ)