Fristverlängerung zur Regierungsbildung in Israel
Israels Präsident Reuven Rivlin hat Parlamentspräsident Benny Gantz und dem amtierenden Regierungschef Benjamin Netanjahu weitere 48 Stunden Zeit zur Bildung einer Einheitsregierung eingeräumt. Rivlin gewährte die Fristverlängerung wenige Minuten, nachdem die bisherige vierwöchige Frist in der Nacht zum Dienstag ablief.
In einer gemeinsamen Erklärung sprachen Gantz’ Liste Blau-Weiß und Netanjahus Likud-Partei von "bedeutenden Fortschritten", welche die beiden Politiker in direkten Gesprächen bis in die Nacht gemacht hätten. Am Dienstagmorgen wurden die Verhandlungen fortgesetzt.
Sollten sich die beiden Politiker einigen, bekäme Israel erstmals seit Dezember 2018 wieder eine voll funktionsfähige Regierung. Das Land steckt seit mehr als einem Jahr in einer politischen Krise.
Die Wahl vom 2. März war die dritte Parlamentswahl binnen eines Jahres, die keine klare Regierungsmehrheit brachte - nach den Urnengängen im April und September 2019 waren Koalitionsverhandlungen jeweils gescheitert und Neuwahlen angesetzt worden.
Gantz war nach der Parlamentswahl im März von Präsident Rivlin mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Ursprünglich hatte der ehemalige Armeechef eine Beteiligung an einer Regierung mit dem unter Korruptionsanklage stehenden Netanjahu abgelehnt. Angesichts der Coronavirus-Pandemie sprachen sich dann aber beide für eine "nationale Notstandsregierung" aus.
Daraufhin hatte sich Gantz’ Liste Blau-Weiß aufgespalten. Ein Teil der bisherigen Mitglieder zieht es vor in die Opposition zu gehen, statt mit Netanjahu gemeinsame Sache zu machen.
Strittig in den Koalitionsverhandlungen ist unter anderem die Personalie des künftigen Justizministers, in dessen Ressort das Korruptionsverfahren gegen Netanjahu fällt. Streit gibt es auch um den Posten des Verteidigungsministers sowie um die Politik mit Blick auf die Palästinenser.
"Netanjahu, dies ist unser Augenblick der Wahrheit", erklärte Gantz in der Nacht zum Dienstag. Entweder werde es eine nationale Notstandsregierung geben, "oder eine sinnlose vierte Wahlrunde, die in dieser Stunde der Krise teuer und unnötig ist". Sollten die Politiker dieser Herausforderung nicht gerecht werden, werde "die Geschichte das nicht verzeihen".
(W.Novokshonov--DTZ)