Deutsche Tageszeitung - Sachverständigenrat zu Migration schlägt temporäres Visum gegen "Kaution" vor

Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild
Anzeige Bild

Sachverständigenrat zu Migration schlägt temporäres Visum gegen "Kaution" vor


Sachverständigenrat zu Migration schlägt temporäres Visum gegen "Kaution" vor
Sachverständigenrat zu Migration schlägt temporäres Visum gegen "Kaution" vor / Foto: ©

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) schlägt ein temporäres Arbeitsvisum gegen "Kaution" als neuen Weg für Afrikaner nach Europa vor. Migranten aus Afrika sollten die Möglichkeit erhalten, einen bestimmten Geldbetrag zu hinterlegen, um im Gegenzug einen temporären Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit zu bekommen, schlägt das Expertengremium in seinem am Dienstag vorgestellten Jahresgutachten vor. Wenn sie fristgerecht ausreisten, bekämen sie das Geld zurück.

Anzeige Bild

Textgröße ändern:

"Ein solches Visum würde es auch Arbeitnehmern ohne formale Qualifikation ermöglichen, kontrolliert einzureisen, erklärte SVR-Mitglied Panu Poutvaara. Dadurch könne irreguläre Migration reduziert werden. "Es wäre zugleich ein Instrument, um mit afrikanischen Staaten zu kooperieren", betonte der Wirtschaftsexperte.

Auch die Herkunftsländer der Migranten sollen von einer solchen Regelung profitieren: Mit den zeitlich befristeten, aber nicht zwangsläufig einmaligen Aufenthalten solle zugleich das Potenzial von Migration für die Entwicklung im Herkunftsland genutzt werden. Die Zugewanderten sollten nach Ablauf des Visums zurückkehren. Dort könnten sie ihre Ersparnisse und neu gewonnenen Kontakte nutzen, um im Heimatland eine Firma zu gründen, in den Arbeitsmarkt einzusteigen oder in die Landwirtschaft zu investieren.

Der Sachverständigenrat verwies darauf, dass es bei der Migration aus Afrika nicht nur um Flüchtlinge gehe, die in Schlauchbooten über das Mittelmeer nach Europa kommen. So gebe es auch Arbeitsmigration, Migration von Studierenden und Hochqualifizierten sowie Heirats- und Familienmigration, erklärte die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Petra Bendel. Die Bundesregierung solle dafür Sorge tragen, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch in afrikanischen Staaten Wirkung entfaltet.

Wenig beachtet sei außerdem die Tatsache, dass afrikanische Staaten auch Ziel internationaler Migration seien. Einige von ihnen gehörten zu den Ländern, die weltweit am meisten Flüchtlinge aufnehmen, erinnerte Bendel. Die EU verwende derzeit viel Geld und Mühe darauf, irreguläre Migration aus Afrika zu unterbinden. "Migrationspolitik ist aber mehr als Grenzkontrolle", sagte die SVR-Vorsitzende. Wichtig sei mehr Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten. "Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 sollte hierfür genutzt werden."

Eine Kehrtwende in der Migrationspolitik forderte die Grünen-Politikerin Filiz Polat. Sie begrüßte den Fokus des SVR "auf legale und faire Zugangswege". Kritik übte sie allerdings an dem Vorschlag eines Zugangsrechts für zwölf oder 18 Monate gegen Kaution. Bereits jetzt sei etwa für afrikanische Studierende die Kostenfrage eine hohe Hürde, gab Polat zu bedenken. Auch müsse denen, die einen Beitrag leisteten, dann "eine langfristige Perspektive" geboten werden.

"Niedrigschwelligere Möglichkeiten" auch für Menschen mit geringem Einkommen verlangte ebenso die Linken-Migrationsexpertin Gökay Akbulut. Für ein Punktesystem zur Zuwanderung warb FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae.

Der CDU-Entwicklungspolitiker Vokmar Klein sieht eine zentrale Ausage in dem SVR-Gutachten, dass sich Migration zumindest eingeschränkt "steuern lässt". Zudem forderte er einen Akzent der Unterstützung für Menschen in Afrika auf "mehr Chancen in ihrer jeweiligen Heimat".

Dem SVR, der auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der Volkswagen-Stiftung zurückgeht, gehören insgesamt sieben Stiftungen an. Er ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Expertengremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet.

(M.Dylatov--DTZ)

Empfohlen

Polen: Tusk will nach Sieg von Rechtsnationalist bei Präsidentenwahl Vertrauensfrage stellen

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk will nach dem Sieg des Rechtsnationalisten Karol Nawrocki bei der Präsidentschaftswahl in Kürze im Parlament die Vertrauensfrage stellen. "Der erste Test (für meine Regierung) wird eine Vertrauensabstimmung sein, die ich demnächst im Unterhaus beantragen werde", sagte der pro-europäische Regierungschef am Montagabend in einer Fernsehansprache. Er wolle die Regierungsarbeit fortsetzen und hoffe darauf, mit dem künftigen Präsidenten zusammenarbeiten zu können, fügte Tusk hinzu.

Dobrindt zu Gerichtsurteil: "Wir halten an den Zurückweisungen fest"

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will trotz eines ersten Gerichtsurteils weiterhin Geflüchtete an den Grenzen zurückweisen. "Wir halten an den Zurückweisungen fest", sagte er am Montagabend in Berlin. "Wir sehen, dass die Rechtsgrundlage gegeben ist und werden deswegen weiter so verfahren." Dobrindt nannte das Urteil einen "Einzelfallbeschluss".

UN-Vollversammlung: Baerbock zur Präsidentin gewählt - Russisches Störmanöver

Die Vereinten Nationen haben die frühere Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zur neuen Präsidentin der UN-Vollversammlung gewählt. Baerbock betonte nach der Abstimmung, sie wolle "in stürmischen geopolitischen Zeiten" mit allen 193 Mitgliedsländern zusammenarbeiten. Bei der Wahl kam es zu einem Störmanöver, hinter dem Russland und verbündete Staaten wie Belarus vermutet werden.

Ukraine und Russland vereinbaren in Istanbul weiteren großen Gefangenenaustausch

Unterhändler der Ukraine und Russlands haben bei ihren zweiten Verhandlungsrunde am Montag einen weiteren, noch umfassenderen Gefangenenaustausch vereinbart - sich aber erneut nicht auf eine Waffenruhe einigen können. Beide Seiten hätten sich auf den Austausch sämtlicher Kriegsgefangener im Alter von 18 bis 25 Jahren, aller schwer verwundeten oder schwer kranken Gefangenen und von 6000 Leichnamen ukrainischer und russischer Soldaten geeinigt, sagte der ukrainische Verteidigungsminister und Chef-Unterhändler Rustem Umerow nach den Gesprächen in Istanbul. Eine bedingungslose Waffenruhe lehnte die russische Seite demnach erneut ab.

Textgröße ändern:

Anzeige Bild