Spahn strebt Rückkehr zu Normalbetrieb in Krankenhäusern ab Freitag an
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) strebt eine schrittweise Rückkehr zum Normalbetrieb in den Krankenhäusern an. Die Entwicklung bei den Coronavirus-Neuinfektionen lasse es zu, ab Mai einen Teil der Krankenhauskapazitäten auch wieder für planbare Operationen zu nutzen, heißt es in Empfehlungen Spahns an die Landesgesundheitsminister, die am Dienstag veröffentlicht wurden. Viele Patienten gingen aus Angst vor einer Corona-Infektion nicht ins Krankenhaus, beklagte Spahn.
Seit Mitte März haben die Kliniken bundesweit alle medizinisch nicht zwingend notwendigen planbaren Operationen verschoben, um für die Behandlung von Corona-Patienten vorbereitet zu sein. In dem neuen Konzept Spahns, über das zunächst die Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) berichtet hatten, heißt es nun, die in den Klinken geschaffenen Kapazitäten für Corona-Patienten würden aktuell nicht vollständig genutzt.
Deshalb könnten in den Krankenhäusern die Zahl der für Infizierte reservierten Intensivbetten heruntergefahren und die Kliniken schrittweise wieder für die Versorgung anderer Patienten geöffnet werden.
Eine dauerhafte Priorisierung nur einer bestimmten Patientengruppe "lässt sich insbesondere aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes nicht rechtfertigen". Zudem gebe es Anzeichen, dass Patienten selbst bei Notfällen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen keine ärztliche Hilfe mehr in Anspruch nähmen. Es müsse aber auch in Corona-Zeiten selbstverständlich bleiben, dass die Versorgung dieser Patienten "höchsten Stellenwert hat".
Die Bürger müssten neu dafür sensibilisiert werden, dass sie bei solchen Notfällen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. "Die Angst vor einer Corona-Infektion darf hier nicht überwiegen."
Spahn sagte in Hannover, wenn eine Rücken- oder Hüftoperation verschoben werde, sei dies "mit seelischem und körperlichen Leid verbunden". "Wichtiges Signal an die Patienten sei: "Wenn sie krank sind, gehen sie ins Krankenhaus!"
Bis auf weiteres soll Spahns Konzept zufolge die in den Krankenhäusern freizuhaltende Intensivkapazität für Covid-19-Patienten auf 25 Prozent der insgesamt vorhandenen Intensivbetten festgelegt werden.
Der Bundesgesundheitsminister schlägt zudem einen Stufenplan vor, in dem festgelegt werden soll, in welchen Kliniken die Corona-Kapazitäten freigehalten werden sollen und in welchen die Kapazitäten für Operationen und Patienten mit anderen Krankheiten. Daneben regt Spahn eine "Eskalationsstrategie" an, wie die Kapazitäten bei einer wieder ansteigenden Zahl von Corona-Patienten erneut ausgeweitet werden können.
Die Grünen begrüßten den Vorschlag Spahns, die Kapazitäten zur Behandlung von Covid-19-Fällen stärker zu bündeln. Dies "kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir immer noch am Anfang der Pandemie stehen", erklärten die Gesundheitsexpertinnen Kirsten Kappert-Gonther und Maria Klein-Schmeink. Für eine mögliche neue Corona-Infektionswelle müssten ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Die Linken warnten vor einer Überlastung des Personals in den Kliniken. "In Spahns neuer Normalität gelten keine Personaluntergrenzen, auch Zwölf-Stunden-Schichten sind weiterhin möglich, Schutzausrüstung ist nach wie vor rar", erklärte der Linken-Krankenhausexperte Harald Weinberg. "Wer Kliniken im Normalbetrieb will, muss die Aussetzung der Personaluntergrenzen rückgängig machen."
(V.Sørensen--DTZ)