Brüssel leitet weiteres Verfahren gegen Polen wegen Justizgesetzen ein
Die EU-Kommission hat ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Ziel sei es, "die Unabhängigkeit der Richter in Polen zu schützen", erklärte die Brüsseler Behörde am Mittwoch. Das nunmehr vierte derartige Verfahren gegen Warschau richtet sich demnach gegen ein Gesetz zur Bestrafung von Richtern, das seit Februar in Polen in Kraft ist.
Der von Regierungsgegnern "Maulkorb-Gesetz" genannte Rechtstext sieht vor, dass polnische Richter für Kritik an den bisherigen Justizreformen bestraft werden können. Die Regierungspartei PiS gibt an, gegen Korruption vorzugehen. Die Opposition wirft der Regierung hingegen vor, Richter mundtot machen zu wollen.
"Das neue Gesetz über das Justizwesen untergräbt die richterliche Unabhängigkeit der polnischen Richter und ist mit dem Vorrang des EU-Rechts unvereinbar", erklärte die Kommission. Es bestehe eindeutig die Gefahr "politischer Kontrolle des Inhalts von Gerichtsentscheidungen", führte Justizkommissarin Vera Jourova aus. Warschau habe zwei Monate, um zu reagieren.
Das neue Vertragsverletzungsverfahren könne keine Überraschung sein, sagte Jourova weiter. Die Regierung in Warschau hatte das Gesetz im Dezember auf den Weg gebracht. Im Januar war Jourova für Gespräche mit Regierungs- und Justizvertretern nach Polen gereist. Das polnische Parlament verabschiedete dennoch das Gesetz, Staatschef Andrzej Duda setzte es im Februar in Kraft.
Die EU-Kommission liegt seit Jahren wegen verschiedener Änderungen im Justizwesen mit der nationalkonservativen Regierung in Warschau über Kreuz. Brüssel wirft Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz systematisch zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. "Mitgliedstaaten können ihre Justiz reformieren, aber sie müssen dies tun, ohne dabei die EU-Verträge zu brechen", sagte Justizkommissarin Jourova.
(V.Korablyov--DTZ)