Deutsche Tageszeitung - Strikte Kontaktsperren wegen Corona-Pandemie bröckeln

Strikte Kontaktsperren wegen Corona-Pandemie bröckeln


Strikte Kontaktsperren wegen Corona-Pandemie bröckeln
Strikte Kontaktsperren wegen Corona-Pandemie bröckeln / Foto: ©

Die wegen der Corona-Pandemie bislang in Deutschland geltenden strikten Kontaktsperren bröckeln. Entgegen den Vereinbarungen von Bund und Ländern vom Donnerstag dürfen sich in Sachsen-Anhalt ab Montag wieder fünf Menschen außerhalb des eigenen Hausstands treffen. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) drängte unterdessen auf einen Fahrplan für das Hochfahren der Wirtschaft.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Donnerstag eigentlich mit den Ministerpräsidenten der Länder für Montag lediglich auf kleinere Öffnungsschritte verständigt. So sollen Spielplätze wieder öffnen, Gottesdienste wieder stattfinden und kulturelle Einrichtungen wie Museen und Bibliotheken wieder öffnen. Dies wurde in mehreren Bundesländern inzwischen auch umgesetzt.

Über das weitere Vorgehen, besonders hinsichtlich der Kontaktsperren, sollte eigentlich erst bei einem neuen Spitzengespräch am Mittwoch entschieden werden. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt beschloss nun aber auch bereits, ab dem 11. Mai wieder mit Einschränkungen Besuche in Alten- und Pflegeheimen zuzulassen. Für den 22. Mai stellte sie "bei günstigem Infektionsgeschehen" die Wiederöffnung von Gaststätten in Aussicht.

"Neben dem gesundheitlichen Schutz der Bevölkerung ist es auch notwendig, dass wir schrittweise zu einem normalen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in unserem Land zurückkehren", begründete Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den Alleingang. Die Landesregierung verwies auch auf die landesweit relativ niedrige Zahl von Infizierten.

Zur Vorsicht mahnte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. "Wir sind da in einem Marathon. Leider sind es noch einige Kilometer bis zur Ziellinie. Deshalb müssen wir gerade jetzt die Zähne zusammenbeißen", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Grünen-Chef Robert Habeck stellte sich ebenfalls ausdrücklich hinter die geltenden Einschränkungen. "Keine Perspektive zu haben, ist einfach zermürbend", drängte er aber im Deutschlandfunk auf flexiblere Lösungen für die Kinderbetreuung. Eltern müssten wissen, an welchen Tagen ihre Kinder in die Kita gehen könnten oder tageweise Schule hätten. Habeck bekräftigte auch Forderungen nach einem "Corona-Elterngeld" für besonders hart getroffene Familien.

Weitere Lockerungen nach dem Spitzengespräch am Mittwoch mahnte BDI-Chef Dieter Kempf an. Sollten die Kontaktsperren weiter verlängert werden, seien massive Wohlstandsverluste und ein dauerhafter Schaden in Wirtschaft und Gesellschaft zu befürchten, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Unsere Unternehmen wollen und müssen wissen, in welchen Stufen das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder anlaufen soll", hob Kempf hervor.

Auf generelle Distanz zu den geltenden Einschränkungen ging FDP-Chef Christian Lindner. "Wenn ein Hygienekonzept vorliegt, also Abstand zwischen den Menschen, Desinfektion, Schutzmaterial wie Masken, dann sollte jeder Laden, jedes Lokal, jedes Hotel, jede Schule und jeder Betrieb öffnen dürfen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Wenn nötig sollten bei einer "Infektionsdynamik" lieber besonders betroffene Orte unter Quarantäne gestellt werden, aber ohne dass dies "Konsequenzen für das ganze Land" habe.

Der CDU-Politiker Friedrich Merz forderte "eine größere Einheitlichkeit der Entscheidungen zwischen den Bundesländern". In "Zeit Online" rief er zudem die Politik auf, sie müsse "die Maßstäbe besser vermitteln, anhand derer sie die Entscheidungen trifft". Merz, der selbst mit dem Coronavirus infiziert war, mahnte aber auch, "mit den Öffnungen vorsichtig zu sein".

(P.Tomczyk--DTZ)

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