Deutsche Tageszeitung - EU streitet über Mittel für Klimaschutz und Verteidigung

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EU streitet über Mittel für Klimaschutz und Verteidigung


EU streitet über Mittel für Klimaschutz und Verteidigung
EU streitet über Mittel für Klimaschutz und Verteidigung / Foto: © AFP

Ukraine-Krieg und globale Erwärmung: Europa muss in den kommenden Jahren Milliarden in den Klimaschutz und die Verteidigung investieren, doch woher die Mittel kommen sollen, ist umstritten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach sich bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in der belgischen Stadt Gent am Freitag gegen neue Gemeinschaftsschulden und für eine Rüstungsförderung durch die Europäische Investitionsbank aus. Schnelle Lösungen zeichnen sich jedoch nicht ab.

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Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, verdeutlichte das Ausmaß des Problems. Alleine zur Erfüllung der europäischen Klimaziele bis 2040 sind nach ihren Angaben absehbar 800 Milliarden Euro erforderlich. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Treibhausgase bis dahin um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Weitere 75 Milliarden Euro seien nötig, damit alle EU-Länder das Nato-Ziel erreichen könnten, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigung auszugeben, sagte Lagarde.

Fortschritte bei der europäischen Kapitalmarktunion seien deshalb "dringend", mahnte die EZB-Präsidentin. Europa müsse als ein Team spielen, mahnte sie unter Anspielung auf den ungewöhnlichen Tagungsort: die Räume des Genter Fußballstadions.

Die EU diskutiert bereits seit Jahren über die Vollendung der Kapitalmarktunion. Damit will die EU grenzüberschreitende Kapitalflüsse verbessern und den Zugang vor allem kleinerer und mittlerer Unternehmen zu Finanzmitteln verbessern.

Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni nannte den Investitionsbedarf "immens". Ob beim Klimaschutz, der Digitalisierung oder der Verteidigung - "dieser Investitionsberg kann nur durch private Investitionen erreicht werden", sagte er mit Blick auf die klammen Haushalte vieler Mitgliedsländer. Die Kapitalmarktunion sei deshalb ein "Must-Have", also Pflicht.

Gentiloni sprach sich in Gent erneut für Gemeinschaftsschulden aus, um Verteidigungsprojekte zu finanzieren. Der Italiener verwies auf das Vorbild des europäischen Corona-Aufbaufonds, der mit 800 Milliarden Euro dotiert ist und den Mitgliedsländern Investitionen in grüne Zukunftstechnologien erlaubt.

Ähnliche Vorstellung hat EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Der Franzose hatte zu Jahresbeginn einen europäischen Verteidigungsfonds in Höhe von 100 Milliarden Euro ins Gespräch gebracht, um die Rüstungsproduktion anzukurbeln - auch zugunsten der Ukraine. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist ebenfalls für neue Gemeinschaftsschulden.

Lindner wies solche Ideen zurück. Verteidigungsausgaben zu vergemeinschaften, sei "kein ökonomisch sinnvoller Rat". Stattdessen plädierte er für erweiterte Kompetenzen der Europäischen Investitionsbank (EIB), damit diese künftig auch in Verteidigung und Rüstung investieren kann. Das sei im "sicherheitspolitischen Interesse" Deutschlands, betonte der Finanzminister.

Die europäische Förderbank finanziert bisher zum Großteil Klimaschutzprojekte. Zwar gibt sie auch Kredite für Drohnen und Grenzschutz - im vergangenen Jahr im Umfang von zwei Milliarden Euro -, Investitionen in Munition und Waffen sind aber nicht von ihrem Mandat gedeckt. Das will die Bundesregierung ändern.

Die seit Januar amtierende EIB-Präsidentin Nadia Calviño sprach nach ihrem Treffen mit den Finanzministern von einem "klaren Bekenntnis zur Stärkung der europäischen Industrie im Bereich Sicherheit und Verteidigung". Zugleich habe es aber auch einen "einhelligen Aufruf zur Vorsicht" gegeben.

Es sei "Priorität", die exzellente Kreditwürdigkeit der Förderbank zu erhalten, die von Instituten mit dem Höchstwert "AAA" eingestuft wird, sagte Calviño. Österreich hatte gewarnt, dieses Spitzen-Rating könne bei Investitionen in die Verteidigung Schaden nehmen.

Lindner wertete dies als "altes Denken". "Wir wissen heute, dass wir leider wehrhaft sein müssen für unsere Freiheit und für den Frieden", sagte er mit Blick auf den zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am Samstag.

(U.Stolizkaya--DTZ)

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