Deutsche Tageszeitung - Umweltschützer und Landwirte protestieren bei EU-Agrarministertreffen in Koblenz

Umweltschützer und Landwirte protestieren bei EU-Agrarministertreffen in Koblenz


Umweltschützer und Landwirte protestieren bei EU-Agrarministertreffen in Koblenz
Umweltschützer und Landwirte protestieren bei EU-Agrarministertreffen in Koblenz / Foto: ©

Beim Treffen der EU-Agrarminister in Koblenz am Dienstag haben Umweltschützer und Landwirte für ihre jeweiligen Anliegen demonstriert. Greenpeace rollte von Traktoren, Booten und Gleitschirmen aus Plakate aus, auch die Vertreter der Bauernschaft fuhren mit landwirtschaftlichem Gerät auf. Im Zentrum der Demonstrationen standen die schwierigen Verhandlungen über die Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP).

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Die GAP sollte ursprünglich ab 2021 grundsätzlich neu ausgerichtet und dadurch "grüner" und "nachhaltiger" werden. Zugleich schlug die EU-Kommission Kürzungen im Agrarbudget vor, um Löcher im EU-Haushalt zu stopfen.

Vertreter der Landwirtschaft und besonders die östlichen EU-Länder fordern nun vor allem mehr finanzielle Unterstützung für die Betriebe, um die ökologischen Anforderungen zu stemmen. Sie wehren sich außerdem gegen Pläne, den Einsatz von Pestiziden, Antibiotika und Kunstdüngern zu reduzieren.

Der Präsident des europäischen und des deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, verwies gegenüber den Ministern auf die Corona-Krise. Die leeren Regale in Supermärkten zu Anfang der Pandemie hätten die Bedeutung der Landwirte für die Versorgungssicherheit gezeigt. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Bauern müsse daher "im Fokus europäischer Diskussionen und Entscheidungen sein".

Umweltschützer und auch der europäische Rechnungshof kritisieren vorgeschlagenen Reformpläne hingegen als nicht ausreichend. Der Grünen-Europapolitiker Martin Häusling forderte mit Blick auf das Treffen, dass Deutschland "voranschreitet und Europa ein Zeichen gibt, die aktuelle Agrarpolitik mit ihren pauschalen, vorwiegend bedingungslosen Flächensubventionen umzukrempeln". Denn langfristig bedrohe vor allem die Zerstörung der Umwelt die Versorgungssicherheit.

"Kein Geld für gestern", war auf Plakaten der Greenpeace-Aktivisten zu lesen. Weitere Naturschutzorganisationen wie der BUND demonstrierten ebenfalls. Vor dem Versammlungsort der Minister häuften sie unter dem Slogan "Eure Agrarpolitik ist ein einziger Scherbenhaufen" leere Glasflaschen auf.

Bauernpräsident Rukwied rief die Politiker zudem zur Eile auf: "Wir brauchen zügige Entscheidungen". Die GAP-Reform hängt maßgeblich von den Verhandlungsergebnissen über den Mehrjahreshaushalt der EU ab. Da eine finale Einigung in dieser Angelegenheit aber noch aussteht, wird die Agrarreform voraussichtlich nicht wie geplant im nächsten Jahr abgeschlossen.

Bei den Beratungen der Minister stand die GAP-Reform dann aber nicht im Zentrum. "Das haben wir heute nicht vertieft", sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Anschluss an das Treffen. Die Sichtweisen der EU-Länder seien bei diesem Thema "durchaus sehr unterschiedlich". Sie werde im Oktober einen Kompromissvorschlag vorlegen.

Neben Ausflügen in die Weinberge der Region um Koblenz besprachen die Agrarminister laut Klöckner vor allem "die Lehren aus der Corona-Pandemie" für die europäische Nahrungsmittelproduktion. Klöckner hatte zudem ihr Projekt eines europaweit verbindlichen Tierwohlkennzeichens auf die Tagesordnung gesetzt.

Zur Sprache kam auch die geplante Ratifizierung des ausgehandelten Handelsabkommens der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. "Da sind wir Agrarminister sehr, sehr skeptisch", sagte die CDU-Politikerin.

Die EU und die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay hatten sich im vergangenen Juni nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Bevor es in Kraft treten kann, muss es von allen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Vertreter der europäischen Landwirtschaft befürchten dadurch unfaire Konkurrenz durch südamerikanische Agrarkonzerne.

(L.Møller--DTZ)