
Regierung will Marktmacht der großen Digitalkonzerne begrenzen

Die Bundesregierung will die Regeln für marktbeherrschende Onlineplattformen verschärfen und zugleich kleineren Unternehmen mehr Chancen bei der Digitalisierung einräumen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf des entsprechend novellierten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz). Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte: "Damit schaffen wir neue Wettbewerbsregeln für große Internetunternehmen und entlasten den Mittelstand."
Für große Digitalunternehmen wie Amazon, Google oder Apple soll demnach die Missbrauchsaufsicht verschärft werden. Das Kartellamt soll künftig auch schneller entsprechend reagieren können - "denn wenn ein Markt erst einmal verteilt ist, nützt es einem herausgedrängten Unternehmen nach Jahren nichts mehr, wenn ein Verstoß eines jetzt dominierenden Wettbewerbers festgestellt wird", erläuterte Altmaier.
Großen Plattformen mit marktübergreifender Bedeutung kann laut dem geplanten Gesetz etwa untersagt werden, bei der Darstellung von Suchergebnissen die eigenen Angebote gegenüber denjenigen von Wettbewerbern zu bevorzugen. Nutzer sollen demnach Zugang zu ihren persönlichen Daten erhalten und diese mitnehmen können, falls sie zur Plattform eines Neuanbieters wechseln wollen. Beispielsweise könnte es das Kartellamt Nutzern erleichtern, ihre Chats vom US-Konzern Facebook zu einem neuen Anbieter zu übertragen.
Mittelständische Unternehmen sollen dagegen bei der Fusionskontrolle entlastet werden: Das Kartellamt soll Zusammenschlüsse erst dann prüfen, wenn alle beteiligten Unternehmen in Deutschland einen jährlichen Mindestumsatz von zehn Millionen Euro erreichen - bislang sind es fünf Millionen Euro. Die Behörde soll Fusionen außerdem nicht verbieten dürfen, wenn die Gründe nur "Bagatellmärkte" mit einem Volumen von bis zu 20 Millionen Euro betreffen - die Grenze liegt hier bislang bei 15 Millionen Euro.
Aus Sicht der wirtschaftspolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, "braucht das Bundeskartellamt schon länger ein Update seines Instrumentenkastens, um zu verhindern, dass Internetgiganten ihre Marktmacht gegenüber Wettbewerbern, Geschäftspartnern und Kunden missbrauchen". Dabei gehe es nicht um einen Eingriff in den Wettbewerb, "sondern im Gegenteil darum, ihn wieder zu ermöglichen".
Deutschland könne sich mit der GWB-Novelle "zum internationalen Vorreiter für das digitale Wettbewerbsrecht machen", erklärte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. Das sei wichtig, um Konzerne "in die Schranken zu weisen" und Verbrauchern mehr Wahlfreiheit zu verschaffen. "Wir beobachten ja, dass große Plattformen ihre Daten nutzen, um nicht mehr nur als Marktplatz, sondern auch selbst als Verkäufer aufzutreten", kritisierte Müller. "Sie sind also zugleich Schiedsrichter und Mitspieler - und das ist kein fairer Wettbewerb mehr."
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßte insbesondere die vorgesehene "grundsätzliche Datenteilung" zwischen industriellen Herstellern und handwerklichen Dienstleistern: "Bislang beanspruchen Hersteller smarter Geräte die Daten, die bei der Nutzung anfallen, für sich allein. Und sie schließen damit handwerkliche Tätigkeiten aus, die auf diesen Daten basieren", erklärte der Verband.
Besonders betroffen seien etwa Werkstätten für Kraftfahrzeuge oder auch Landmaschinen, die Dienstleistungen nur anbieten könnten, wenn sie direkten Zugang zu den Daten aus den Fahrzeugen haben. Auch bei Smart-Home-Systemen ergeben sich demnach Zugangsprobleme für unabhängige Serviceanbieter aus dem Elektro-, Heizungs- und Klima-Handwerk.
(M.Dorokhin--DTZ)