Deutsche Tageszeitung - Gemischtes Echo auf EU-Einigung zur Offenlegung der Steuern von Großunternehmen

Gemischtes Echo auf EU-Einigung zur Offenlegung der Steuern von Großunternehmen


Gemischtes Echo auf EU-Einigung zur Offenlegung der Steuern von Großunternehmen
Gemischtes Echo auf EU-Einigung zur Offenlegung der Steuern von Großunternehmen / Foto: ©

Nach jahrelangem Ringen haben sich die Unterhändler von EU-Staaten und Europaparlament auf ein besseres Vorgehen gegen Steuervermeidung durch grenzüberschreitend tätige Großunternehmen verständigt. Sie vereinbarten am Dienstagabend, dass Firmen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz künftig für jedes EU-Land sowie mehrere Steueroasen ihre Gewinne und Steuerzahlungen veröffentlichen müssen. Vertreter beider Seiten lobten einen wichtigen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit. Aber es gab auch Kritik und Warnungen vor überzogenen Erwartungen.

Textgröße ändern:

Strategien großer multinationaler Unternehmen zur Steuervermeidung brächten EU-Länder jährlich um Einnahmen von schätzungsweise mehr als 50 Milliarden Euro, erklärte Portugals Wirtschaftsminister Pedro Siza Vieira, dessen Land derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten innehat. Die bisher fehlende Offenlegungspflicht erleichtere solche Praktiken.

Das Thema sorgt seit mittlerweile fast fünf Jahren für Streit in der EU. Die EU-Kommission hatte einen entsprechenden Gesetzesentwurf 2016 im Nachgang der Enthüllungen der LuxLeaks- und Panama-Papers zu internationaler Steuerhinterziehung und -vermeidung vorgelegt. Sie hatten gezeigt, dass Großunternehmen Gewinne zwischen EU-Staaten geschickt verschieben, um teils so gut wie keine Steuern zu zahlen.

Der Vorstoß war in den vergangenen fünf Jahren von mehreren Mitgliedstaaten blockiert worden, darunter Luxemburg und Irland, die Großunternehmen mit niedrigen Steuersätzen locken und sich in der EU regelmäßig Vorwürfen eines unfairen Steuerwettbewerbs ausgesetzt sehen. Die Bundesregierung musste sich bei Abstimmungen über das Thema enthalten: Denn die SPD war dafür, CDU und CSU aber dagegen.

Die neue Regelung sieht vor, dass große Firmen zur Offenlegung ihrer Gewinne und Steuerzahlungen für alle 27 EU-Länder sowie Staaten veröffentlichen müssen, die auf der sogenannten Schwarzen Liste der Steueroasen der EU stehen. Das Europaparlament sprach in einer Erklärung von einem "Meilenstein" bei der Steuertransparenz.

Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold sah ein "scharfes Schwert gegen Steuervermeidung". Denn die Offenlegungspflicht mache die Praktiken sichtbar und könne für Unternehmen zu "Reputationsschäden" führen. Der SPD-Abgeordnete Bernd Lange erklärte, die Offenlegung könne das "Ende des unsäglichen Systems staatlich unterstützten Steuerdumpings in der EU einläuten".

Skeptisch zeigte sich dagegen der CSU-Abgeordnete Markus Ferber. Er sah lediglich "einen kleinen Schritt zu mehr Steuertransparenz". Alle Informationen, die nun öffentlich gemacht werden sollten, seien den Steuerbehörden bereits bekannt. "Der Mehrwert dieser Richtlinie wird überschaubar bleiben."

Die Anti-Korruptionsinitaitive Transparency International zeigte sich "bitter enttäuscht". Denn der Kompromiss ermögliche "riesige Schlupflöcher, die es Unternehmen weiter erlauben, die meisten ihrer Steuervereinbarungen geheim zu halten". Tatsächlich gibt es Ausnahmeregelungen. Die Offenlegungspflicht kann fünf Jahre lang umgangen werden, wenn es um sensible Geschäftsgeheimnnisse geht.

Die Linke im Europaparlament und Organisationen wie Oxfam oder Attac kritisierten, dass die Regelung auf 46 Länder beschränkt sei. "Diese Einigung lässt mehr als 80 Prozent der Länder der Welt außen vor, darunter auch berüchtigte Steueroasen wie die Bahamas, die Schweiz und die Kaimaninseln, für die die Unternehmen keine Informationen veröffentlichen müssen", erklärte die französische Linken-Abgeordnete Manon Aubry.

Die vorläufige Einigung der Unterhändler muss nochmals vom Europaparlament und den Mitgliedstaaten bestätigt werden. Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.

(W.Budayev--DTZ)

Empfohlen

Bahn kauft mehr als 3000 neue Busse - auch bei chinesischem Hersteller

Die Deutsche Bahn plant die größte Anschaffung von Bussen in ihrer Unternehmensgeschichte. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben rund 3300 Busse mit Hybrid- oder Elektroantrieb anschaffen, die für die Regionalverkehrstochter DB Regio in ganz Deutschland eingesetzt werden sollen. Der Hauptpartner soll dabei das Münchner Unternehmen MAN Truck & Bus werden. Etwa fünf Prozent der Neuanschaffungen sollen vom chinesischen Hersteller BYD aus seiner Produktion in Ungarn kommen, wie die Bahn am Samstag mitteilte.

Spahn zu Heizungsgesetz: Es darf keinen Zwang bei Heizungen im Bestand geben

In der Koalitionsdebatte um die Reform des Heizungsgesetzes hat Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) die Abschaffung aller Vorgaben zu neuen Heizanlagen in Bestandsbauten gefordert. "Das Heizungsgesetz abzuschaffen, heißt für uns, dass es keinen Zwang bei Heizungen im Bestand gibt", sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstagsausgaben).

Bei Überschwemmungen zerstörte Ahrtalbahn wiedereröffnet

Mehr als vier Jahre nach der Hochwasserkatastrophe im rheinland-pfälzischen Ahrtal ist die damals zerstörte Strecke der Ahrtahlbahn wieder eröffnet worden. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), Ministerpräsident Alexander Schweizer (SPD) und Bahn-Chefin Evelyn Palla nahmen am Freitag an der Eröffnungsfahrt teil. Ab Sonntag fahren auf der Strecke wieder zwei Regionalzuglinien im regulären Betrieb.

EU-Staaten einigen sich auf Paketabgabe auf Billigimporte - vor allem aus China

Im Kampf gegen Billigimporte aus Drittländern wird ab Juli in der EU eine Sonderabgabe von drei Euro auf kleinere Pakete aus Drittstaaten erhoben. Das beschlossen am Freitag die EU-Finanzminister. Die neue Regelung betrifft vor allem Sendungen von Billighändlern chinesischen Ursprungs wie Temu und Shein. Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßte die Abgabe als "ersten Schritt" zu fairem Wettbewerb.

Textgröße ändern: