Deutsche Tageszeitung - US-Behörde prüft Vorwürfe von Informanten zu Mängeln an Boeings Dreamliner

US-Behörde prüft Vorwürfe von Informanten zu Mängeln an Boeings Dreamliner


US-Behörde prüft Vorwürfe von Informanten zu Mängeln an Boeings Dreamliner
US-Behörde prüft Vorwürfe von Informanten zu Mängeln an Boeings Dreamliner / Foto: © AFP/Archiv

Vorwürfe eines Informanten zu Sicherheitsmängeln bei Boeings Dreamliner erhöhen den Druck auf den US-Flugzeugbauer. Die US-Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA teilte am Dienstag mit, dass sie den Hinweisen des Whistleblowers "in vertiefter Weise" nachgehe. Die Anschuldigungen beziehen sich auf angebliche Defekte bei der Montage der Langstreckenflugzeuge Dreamliner 787 und 777. Der Konzern steckt bereits in großen Schwierigkeiten, nachdem sich in den vergangenen Monaten die Pannen von Boeing-Maschinen gehäuft hatten.

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Der seit mehr als zehn Jahren bei Boeing tätige Ingenieur Sam Salehpour wirft dem Unternehmen vor, seine wiederholten schwerwiegenden Warnungen zur Sicherheit und Qualitätskontrolle beim Zusammenbau der Modelle 777 und 787 ignoriert zu haben. Auch habe der Konzern wegen seiner Warnungen Repressalien gegen ihn ausgeübt. Boeing wies die Anschuldigungen zurück.

Laut einem Brief von Salehpours Anwältinnen an die FAA, der auf den 17. Januar datiert ist und jetzt an die Öffentlichkeit gelangte, hatte dieser auf "wesentliche" Sicherheitsmängel bei fast 1500 Maschinen hingewiesen. Statt auf die Warnungen einzugehen, habe Boeing die Priorität darauf gelegt, "die Maschinen so schnell wie möglich auf den Markt zu bekommen", schrieben die Anwältinnen Debra Katz und Lisa Banks.

Salehpour wies demnach auf abgekürzte Arbeitsvorgänge bei der Montage des Dreamliners 787 hin, die übergroße Lücken zwischen verschiedenen Flugzeugteilen zur Folge gehabt hätten. Diese Lücken könnten zu einer vorzeitigen Materialermüdung und "unsicheren Konditionen des Flugzeugs mit potenziell katastrophalen Unfällen führen".

Dem Informanten zufolge wurden "Boeing-Ingenieure unter Druck gesetzt, um die Augen zu schließen". Nach seinen Warnungen zum Dreamliner 787 sei Salehpour sanktioniert worden, indem er gegen seinen Willen von der für dieses Modell zuständigen Abteilung zum 777-Programm versetzt worden sei, heißt es in dem Brief.

In der Produktion des 777-Modells habe Salehpour dann ebenfalls Mängel entdeckt. Neue Abläufe bei der Montage dieses Flugzeugtyps seien dem Ingenieur zufolge ohne Umgestaltung der betroffenen Teile umgesetzt worden, schrieben die Anwältinnen. Dies habe eine mangelhafte Montage zur Folge gehabt.

Boeing erklärte in einer detaillierten Stellungnahme zu den Vorwürfen des Whistleblowers, es habe "volles Vertrauen" in den Dreamliner. Gründliche Untersuchungen durch den Konzern sowie die FAA hätten ergeben, dass es "keine kurzfristigen Besorgnisse bei der Flugsicherheit" des 787 gebe. Auch die von Salehpour vorgebrachten Vorwürfe zum 777-Modell seien "inkorrekt".

Der Konzern bestritt zudem, Salehpour abgestraft zu haben. Repressalien seien in dem Unternehmen "strikt verboten", hieß es in der Erklärung.

Boeing kämpft schon seit längerem mit schwerwiegenden Qualitätsproblemen. Die FAA hat deshalb die Produktionszahlen für die meistverkaufte Maschine 737 MAX auf dem Niveau von 2023 gedrosselt. Am Dienstag teilte der Konzern mit, dass er im ersten Quartal lediglich insgesamt 83 Flugzeuge ausgeliefert habe - ein deutlicher Rückgang gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum, als es 130 Maschinen waren.

In den vergangenen Monaten hatte es eine ganze Serie technischer Pannen bei Boeing-Maschinen gegeben. Im Januar verlor eine Boeing 737 MAX eine Kabinentürabdeckung, im März löste sich während des Abflugs einer Boeing 777 ein Rad, vergangene Woche musste der Start einer 737 wegen eines Motorschadens abgebrochen werden. Am Sonntag musste eine Boeing 737 umkehren, weil sich die Triebwerksverkleidung gelöst hatte.

Ein Ausschuss des US-Senats will sich am Mittwoch kommender Woche in einer Anhörung mit den Vorwürfen zu Sicherheitsmängeln bei Boeing-Maschinen befassen. Die Boeing 737 MAX hatte Boeing bereits in vergangenen Jahren massive Probleme beschert. Nach zwei Flugzeugabstürzen in Indonesien und Äthiopien mit insgesamt 346 Toten wurde im März 2019 ein weltweites Flugverbot für die Maschinen dieses Typs verhängt, das erst Ende 2020 nach technischen Überarbeitungen aufgehoben wurde.

(G.Khurtin--DTZ)