Deutsche Tageszeitung - Ex-Umweltministerin Hendricks auf Monsanto-Liste mit Kritikern von Glyphosat

Ex-Umweltministerin Hendricks auf Monsanto-Liste mit Kritikern von Glyphosat


Ex-Umweltministerin Hendricks auf Monsanto-Liste mit Kritikern von Glyphosat
Ex-Umweltministerin Hendricks auf Monsanto-Liste mit Kritikern von Glyphosat / Foto: ©

Die frühere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ist auf den Listen des US-Saatgutkonzerns Monsanto als Glyphosat-Kritikerin geführt worden und sollte entsprechend beeinflusst werden. Wie aus Dokumenten hervorgeht, die AFP am Montag vorlagen, wird Hendricks’ Haltung zu dem Unkrautvernichtungsmittel als "dagegen" beschrieben, sie sei "möglicherweise beeinflussbar". Zu einer zumindest neutralen Einstellung sollte Hendricks demnach etwa von SPD-Mitgliedern gebracht werden.

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Monsanto stellt glyphosathaltige Produkte her, das US-Unternehmen gehört mittlerweile zum Bayer-Konzern. In den USA sind tausende Klagen von Betroffenen anhängig, die ihre Krebserkrankungen auf Glyphosat zurückführen. Mehrfach wurde das Unternehmen zu hohen Strafzahlungen verurteilt, Bayer kündigte aber Berufung an. In der Forschung ist die Frage, ob die Chemikalie Glyphosat eine krebsauslösende Wirkung hat, umstritten.

Anfang Mai war in Frankreich bekannt geworden, dass die PR-Agentur Fleishman Hillard im Auftrag von Monsanto geheime Listen mit Glyphosat-Kritikern führte. Französischen Medien zufolge wollte Monsanto die Kritiker "erziehen", besonders hartnäckige Gegner sogar "überwachen". Der Bayer-Konzern entschuldigte sich und beauftragte die Kanzlei Sidley Austin mit der Aufarbeitung dieser Listen, die es in mindestens sieben Ländern geben soll.

Mitte Juni wurde Hendricks von der Kanzlei darüber informiert, dass ihr Name darauf steht. Daraufhin bat sie um eine Kopie ihrer Angaben, die Anfang Juli per Einschreiben kam. Zur Einschätzung der Haltung zu Glyphosat gibt es ein Ampelsystem: Neben unbekannt und unentschieden gibt es auch aktive (grün) und stillschweigende Unterstützer (gelb) sowie potenziell beeinflussbare Gegner (rot), so wie Hendricks, und nicht beeinflussbare öffentlich agierende Gegner (dunkelrot).

Hendricks’ Einfluss auf den politischen Prozess wird als "hoch" bezeichnet - sie spielte als Ministerin bei der Wiederzulassung von Glyphosat in der EU eine entscheidende Rolle. Als Ziel galt laut der Liste, die damalige Bundesministerin zu einer neutralen Position zu bewegen und zwar über "andere SPD-Mitglieder, so hochrangig wie möglich", sowie "andere Bürokraten". Als Mittel der Überzeugung wurden etwa Studien und persönliche Treffen genannt.

Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Demnach soll Monsanto Hendricks mehrfach erfolglos um Gesprächstermine gebeten haben. Laut "SZ" findet sich auch der SPD-Politiker Matthias Miersch auf der Liste.

Die Listen standen unter dem Eindruck der Monsanto-Kampagne 2016 für die Wiederzulassung von Glyphosat in der EU. Ende November 2017 wurde die Zulassung schließlich für weitere fünf Jahre beschlossen. Die Bundesregierung war darüber zerstritten: Hendricks kritisierte die deutsche Zustimmung durch das Landwirtschaftsministerium damals als Vertrauensbruch. Sie habe bis zuletzt erklärt, sie sei "mit einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat weiterhin nicht einverstanden".

Zu der Monsanto-Liste erklärte Hendricks, ihr sei zwar bewusst, dass Lobbyisten möglichst viele Informationen sammelten, um Einfluss zu nehmen. "Aber dass geradezu Dossiers über einzelne Personen angelegt werden, hat mich doch sehr befremdet." Indes habe niemand versucht, sie zu beeinflussen, obgleich sie das für Mitarbeiter ihres Ministeriums nicht ausschließen könne. Hendricks hatte aus ihrer Glyphosat-Kritik nie einen Hehl gemacht.

Bayer wollte sich zum konkreten Fall Hendricks nicht äußern und verwies auf das Dossier zum Stand der Ermittlungen im Internet. Demnach begann Sidley Austin Ende Mai mit der Benachrichtigung von Betroffenen auf den Listen und schloss diese bis Mitte Juni für Deutschland und Frankreich ab. Weitere solcher Listen mit Namen etwa von Politikern und Journalisten soll es in Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und Großbritannien geben.

Einem Bayer-Sprecher zufolge soll "in den kommenden Wochen" der Abschlussbericht der Kanzlei vorliegen. Dann werde sich der Konzern näher äußern.

(W.Uljanov--DTZ)

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