Deutsche Tageszeitung - BDI: Johnsons Forderung nach Aufschnüren des Brexit-Abkommens "unverantwortlich"

BDI: Johnsons Forderung nach Aufschnüren des Brexit-Abkommens "unverantwortlich"


BDI: Johnsons Forderung nach Aufschnüren des Brexit-Abkommens "unverantwortlich"
BDI: Johnsons Forderung nach Aufschnüren des Brexit-Abkommens "unverantwortlich" / Foto: ©

Vor dem Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson in Berlin hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein Aufschnüren des Brexit-Abkommens abgelehnt. Diese Forderung Johnsons sei "unverantwortlich", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang am Mittwoch in Berlin. Zugleich forderte er, Brüssel und London müssten "die Weichen richtig stellen, um den drohenden harten Brexit abzuwenden".

Textgröße ändern:

Das Austrittsabkommen sei für die deutsche Wirtschaft von "riesengroßer" Bedeutung, hob der BDI-Hauptgeschäftsführer hervor. "Unsere Unternehmen vertrauen auf möglichst wenig Friktion im Außenhandel, stabile Verhältnisse an den Außengrenzen und Sicherheit in Arbeitnehmerfragen." Nur die EU-Kommission könne dauerhaft sicherstellen, dass an der irischen Grenze Binnenmarktregeln eingehalten würden. Das gelinge nur mit dem "Backstop" und liege "unmittelbar im Interesse der deutschen Wirtschaft".

Lang räumte ein, den deutschen Unternehmen bleibe "nichts anderes übrig, als sich weiterhin auf einen harten Brexit am 31. Oktober einzustellen". Johnson hat versprochen, sein Land zu diesem Datum aus der EU zu führen - mit oder ohne Abkommen mit der Europäischen Union. Bei einem Austritt ohne Abkommen werden erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen erwartet.

Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nannte den Kurs der britischen Regierung "verantwortungslos". Der Brexit habe im britisch-deutschen Außenhandel "längst seine Spuren hinterlassen", erklärte IW-Ökonom und EU-Experte Berthold Busch. Während die deutschen Warenexporte in die EU insgesamt im Zeitraum 2015 bis 2018 um mehr als zwölf Prozent angestiegen seien, gingen die deutschen Ausfuhren in das Vereinigte Königreich um 7,8 Prozent zurück.

Besonders stark war der Rückgang demnach bei Kraftfahrzeugen und pharmazeutischen Erzeugnissen. "Das deutet darauf hin, dass die Wertschöpfungsketten in diesen besonders eng verflochtenen Wirtschaftszweigen bereits zulasten des Vereinigten Königreichs umgebaut werden", so Busch.

Die neue britische Regierung lasse sich jedoch von solchen negativen Entwicklungen nicht beeindrucken. "Stattdessen verfolgt die britische Politik weiterhin ihre Strategie, frei nach dem Motto: Koste es, was es wolle", kritisierte der IW-Experte.

(L.Møller--DTZ)