Deutsche Tageszeitung - Bundesgerichtshof hegt Zweifel an Argumenten von VW im Dieselskandal-Prozess

Bundesgerichtshof hegt Zweifel an Argumenten von VW im Dieselskandal-Prozess


Bundesgerichtshof hegt Zweifel an Argumenten von VW im Dieselskandal-Prozess
Bundesgerichtshof hegt Zweifel an Argumenten von VW im Dieselskandal-Prozess / Foto: ©

Im VW-Dieselskandal hat der Bundesgerichtshof (BGH) zum Verhandlungsauftakt Zweifel an der Position des Autoherstellers geäußert. Der Vorsitzende Richter Stephan Seiters stellte am Dienstag mehrere Argumente des Konzerns in Frage - vor allem die, dass den Kunden durch die Abschalteinrichtung kein Schaden entstanden sei. Sein Urteil will der BGH zu einem späteren Zeitpunkt verkünden. Die höchstrichterliche Entscheidung gilt als wegweisend, weil sich die Gerichte in Deutschland daran orientieren können.

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In dem am Dienstag verhandelten Streitfall geht es um den Autofahrer Herbert Gilbert, der für seinen 2014 gebraucht gekauften VW Sharan den vollen Kaufpreis von rund 31.500 Euro rückerstattet bekommen möchte. Der Wagen läuft mit dem Dieselmotor EA 189, also demjenigen Motorentyp, der im Zentrum des VW-Abgasskandals steht. Gilbert könne einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises haben, müsse sich aber eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen, hieß es am Dienstag vom Senat.

Die Karlsruher Bundesrichter prüfen, ob dem Käufer wegen "vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung" Schadenersatz zusteht und wieviel. Gilberts Anwalt Matthias Siegmann argumentierte am Dienstag, sein Mandant hätte das Auto nie gekauft, wenn er von der Abschalteinrichtung in seinem Fahrzeug gewusst hätte.

VW-Anwalt Reiner Hall bekräftigte die seit dem Dieselskandal geäußerte Auffassung des Konzerns, dem Kunden sei kein Schaden entstanden. Das Fahrzeug sei stets nutzbar und sicher gewesen, eine Stilllegung habe real nie gedroht, sagte Hall. Er nannte Kläger Gilbert in seinen Ausführungen einen "Wegelagerer", nahm diese Äußerung kurze Zeit später jedoch wieder zurück.

Der Senat habe klargestellt, dass selbst bei einer Verurteilung von VW die Nutzung des Fahrzeugs anzurechnen sei, betonte am Rande des Prozesses eine VW-Anwältin. Der Kläger habe das Auto mehrere Jahre lang genutzt. "Da ist es fair, wenn er sich die Nutzung anrechnen lassen muss."

Volkswagen hatte im September 2015 zugegeben, in weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine illegale Software eingesetzt zu haben. In Deutschland betroffen waren mehr als zwei Millionen Kunden. Anhängig sind hierzulande laut VW rund 68.000 Klagen.

(L.Møller--DTZ)