Deutsche Tageszeitung - Klöckner verteidigt ihre Agrarpolitik vor Sondersitzung mit EU-Kommissaren

Klöckner verteidigt ihre Agrarpolitik vor Sondersitzung mit EU-Kommissaren


Klöckner verteidigt ihre Agrarpolitik vor Sondersitzung mit EU-Kommissaren
Klöckner verteidigt ihre Agrarpolitik vor Sondersitzung mit EU-Kommissaren / Foto: ©

Vor der Sondersitzung der Agrar- und Umweltministerkonferenz am Donnerstag hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ihren Kurs in der Agrarpolitik gegen Kritik verteidigt. "In den meisten Parametern des Umweltschutzes steht der Agrarsektor auch viel besser da als in früheren Jahren. Die Richtung stimmt", erklärte Klöckner in Berlin. "Wer Landwirtschaft pauschal verurteilt, der setzt die heimische Erzeugung aufs Spiel. Gerade übrigens auch dann, wenn Bekenntnisse der Verbraucher zu mehr Regionalität und Tierwohl an der Ladenkasse allzu oft auf die Realität treffen."

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Klöckner betonte zugleich, das "primäre Ziel" der Landwirtschaft auf nationaler und europäischer Ebene sei die Ernährungssicherung. "Das hat Vorrang. Die Corona-Pandemie zeigt uns das deutlich. Ich habe daher die klare Erwartung, dass mit den vorgestellten Strategien auf EU-Ebene keine einseitigen Belastungen der Land- und Ernährungswirtschaft einhergehen."

An den Gesprächen am Donnerstag nehmen neben Klöckner, Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und den zuständigen Ministers der Länder auch EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski und EU-Umweltkommissar Virginijus teil. Thema ist die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) und das EU-Klimaschutzvorhaben "European Green Deal".

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hatte vor der Sondersitzung ein "Aufbruchssignal für die Agrarwende" gefordert und Klöckner eine "Blockadehaltung" vorgeworfen. Die Bundeslandwirtschaftsministerin müsse sich bei den Beratungen dafür einzusetzen, "dass öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen ausgegeben werden", forderte Hofreiter gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Klöckners Landwirtschaftspolitik verschärfe die ökologischen Krisen, verursache Tierleid und befeuere das Höfesterben.

Anlässlich des Sondertreffens demonstrierten Landwirte der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zusammen mit Aktivisten von Greenpeace vor dem Landwirtschaftsministerium in Berlin. Die beiden Verbände mahnten eine soziale, ökologische und tiergerechte Ausrichtung der Landwirtschaft an. "Eine neue Agrarpolitik muss artgerecht und umweltschonend arbeitende Betriebe gezielt entlohnen und bei der Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft begleiten", erklärten sie.

AbL und Greenpeace kritisierten zudem die derzeitige Förderpraxis in der Landwirtschaft. In Deutschland erhalten demnach sechs Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe jedes Jahr über zwei Milliarden Euro Agrarsubventionen; das sei fast die Hälfte aller Direktzahlungen. Kleinere Betriebe, die strukturbedingt eher dazu beitrügen, beispielsweise das Artensterben zu stoppen, erhielten dafür wiederum "keine angemessene finanzielle Entlohnung".

Die unionsgeführten Landwirtschaftsministerien der Länder legten derweil ein Positionspapier für die Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik vor. Darin forderten sie den Erhalt "stabiler landwirtschaftlicher Familienbetriebe" zur Sicherung der europäischen "Ernährungssouveränität" und einen größeren Beitrag der EU-Agrarpolitik bei Umweltkrisen. Die angestrebte Vorreiterrolle der EU für nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelketten müsse auch in künftigen Freihandelsabkommen und Vereinbarungen der Welthandelsorganisation WTO berücksichtigt und vertreten werden, hieß es.

Das Agrarbudget müsse mindestens auf dem gegenwärtigen Niveau erhalten bleiben, um die vielen Aufgaben erfolgreich meistern zu können, forderten die Unions-Länderminister. "Die kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe sowie die jungen Menschen, die ihre berufliche Zukunft in der Landwirtschaft suchten, sind dabei besonders zu unterstützen". Auch der Wald und der Rohstoff Holz müssten zukünftig eine "stärkere Rolle spielen, sollten die Klimaziele des Green Deals erreicht werden".

(Y.Ignatiev--DTZ)