Deutsche Tageszeitung - EU-Agrarpolitik trägt laut Rechnungshof kaum zum Erhalt der Artenvielfalt bei

EU-Agrarpolitik trägt laut Rechnungshof kaum zum Erhalt der Artenvielfalt bei


EU-Agrarpolitik trägt laut Rechnungshof kaum zum Erhalt der Artenvielfalt bei
EU-Agrarpolitik trägt laut Rechnungshof kaum zum Erhalt der Artenvielfalt bei / Foto: ©

Die gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP) trägt den Rechnungsprüfern der EU zufolge nur sehr begrenzt zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Die intensive Landwirtschaft sei weiterhin eine der Hauptursachen für das seit Jahrzehnten beobachtete Artensterben und die GAP habe daran kaum etwas geändert, heißt es in einem Bericht des EU-Rechnungshofs, der am Freitag veröffentlicht wurde. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten hätten somit ihre selbstgesteckten Ziele verfehlt.

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Die Artenvielfalt in landwirtschaftlich bewirtschafteten Gebieten in Europa nimmt unter anderem bedingt durch den massiven Einsatz von Pestiziden seit langem ab. 2011 brachte Brüssel deshalb eine Strategie auf den Weg, um bis 2020 Abhilfe zu schaffen. Demnach sollte auch die Landwirtschaft dazu beitragen, das Artensterben zu beenden.

Bei der Überprüfung dieser Ziele stießen die Rechnungsprüfer zunächst auf das grundsätzliche Problem, "dass in der Biodiversitätsstrategie der EU für 2020 keine messbaren Zielvorgaben für die Landwirtschaft festgelegt wurden". Eine Bewertung der Fortschritte sei daher schwierig, heißt es in dem Bericht. Die Prüfer hätten sich also die Maßnahmen der GAP unter ökologischen Gesichtspunkten angeschaut.

Der Großteil der EU-Agrarmittel fließt als Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe. Die Auswirkungen dieser Zahlungen auf die Biodiversität seien leider "begrenzt oder unbekannt", heißt es weiter. Zwar könnten die Direktzahlungen laut Regelwerk an für die biologische Vielfalt positive Bedingungen geknüpft werden, Kommission und Mitgliedstaaten hätten sich bei der Anwendung aber zumeist für andere Bedingungen mit geringer Auswirkung entschieden.

Ein erheblich kleinerer Teil der Agrarmittel steht für Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums bereit. Diese "bieten im Zusammenhang mit der Biodiversität größeres Potenzial als Direktzahlungen", befinden die Rechnungsprüfer. Die Mitgliedstaaten hätten jedoch nur selten auf "hochwirksame Maßnahmen" gesetzt und stattdessen eher auf "Regelungen, die bei den Landwirten beliebter sind".

Die Rechnungsprüfer beanstanden zudem eine verfehlte Einschätzung der Kommission ihrer eigenen Maßnahmen: "Die Kommission überschätzt, was sie für die Artenvielfalt ausgibt", sagte der für den Bericht zuständige Rechnungsprüfer Viorel Stefan. In eigenen Bewertungen würden Ausgaben häufig "ohne klare Belege als vorteilhaft für die Artenvielfalt deklariert".

Der Bericht des in Luxemburg ansässigen Rechnungshof ist nicht dessen erste scharfe Kritik an EU-Agrarpolitik. Im Februar erklärte die EU-Institution die europäischen Regeln für den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden für weitgehend wirkungslos. Im Dezember kam ein Bericht zum Schluss, dass GAP-Instrumente wie Anreize zum Abschließen von Versicherungen durch Landwirte nicht funktionierten.

In ihrem Vorschlag für eine Reform der GAP nach 2020 hat sich die Kommission zu mehr Umweltschutz verpflichtet. Etwa sollen die Direktzahlungen an Landwirte strenger an Umweltkriterien geknüpft werden. Diesen Vorschlag, der seit zwei Jahren im EU-Parlament und unter den Mitgliedstaaten diskutiert wird, verrissen Rechnungsprüfer aber ebenfalls: Dass Umwelt- und Klimaziele künftig eine hohe Priorität haben sollen, sei darin nicht erkennbar.

Im Mai hatte die Kommission zudem neue Pläne vorgestellt, um einen tiefgreifenden Wandel der Lebensmittelproduktion hin zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit und einer effektiven Bekämpfung des Artensterbens herbeizuführen. Diese Strategien hätten auf den ersten Blick Potenzial, es sei aber zu früh für eine ernsthafte Bewertung, erklärten die Rechnungsprüfer.

(N.Loginovsky--DTZ)